1. Reform 2001

Im Jahr 2001 hat es geringfügige erbrechtliche Veränderungen zugunsten des überlebenden Ehegatten gegeben (Gesetz n° 2001-1135 vom 03.12.2001, JO vom 04.12.2001, 1 9279): Geändert wurde das gesetzliche Erbrecht des Ehegatten, nicht jedoch die Testierfreiheit. Grundsätzlich bleibt es auch bei dem Vorrang des Erbrechts der Blutsverwandten. Der überlebende Ehegatte wird jedoch durch erweiterte Nutzungsrechte besser gestellt. Der überlebende Ehegatte erhält zukünftig ein droit réservataire von ¼, wenn der Erblasser eltern- und kinderlos stirbt, er wird mit den Eltern des (kinderlosen) Erblassers gleichgestellt, er erhält ein Optionsrecht auf Niessbrauch in bezug auf den Gesamtnachlaß oder ¼ zu Eigentum und er hat Anspruch auf unentgeltliche Nutzung der Ehewohnung für die Dauer eines Jahres. Die Reform blieb hinter den Erwartungen zurück, denn nach wie vor besteht kein grundsätzliches droit réservataire (Noterbenrecht), so dass der Erblasser den Ehegatten übergehen kann.

Im Überblick sieht das gesetzliche Erbrecht des Ehegatten nunmehr wie folgt aus:

Überlebende Verwandte Bislang Zukünftig
Gemeinsames Kind der Ehegatten ¼ als Niessbrauch als Eigentum oder Niessbrauch am Gesamtnachlass
Kind aus einer anderen Beziehung ¼ als Niessbrauchoder ½ als Eigentum, wenn das Kind aus einer Ehebruchsbeziehung stammt ¼ zu Eigentum
Vater und Mutter ½ zu Niessbrauch ½ als Eigentum
Vater oder Mutter ½ als Eigentum in Abwesenheit von privilegierten Seitenlinien oder Aszendenten ¾ zu Eigentum
Bruder und Schwester ½ zu Niessbrauch Gesamter Nachlass

 

Das Gesetz regelt weiterhin die Gleichstellung von Ehebruchskindern mit anderen Kindern des Erblassers.

Die Reform tritt zum Juli 2002 in Kraft. Nur das Wohnrecht gilt schon jetzt.

2. Reform 2004

Im Jahr 2004 hat sich der französische Gesetzgeber erneut des Erbrechts angenommen und die sog. Freiheiten (libéralités), Kernstück der eigentlichen Testierfreiheit, teilweise überarbeitet. Das Gesetz vom 26. Mai 2004 zur Reform des Scheidungsrechts hat tief greifende Änderungen des Schenkungsrechts unter Ehegatten zum Inhalt, die der Entwicklung der familiären Situation Rechnung tragen. Die Schenkung vorhandener Gegenstände ist zukünftig unwiderruflich (irrévocable) ausgestaltet. Das Verbot verdeckter Schenkungen (donations déguisées) wurde aufgehoben.

Das französische Recht stellt in Bezug auf die Erbfolge grundsätzlich auf eine „nicht löschbare“ Qualität ab, die der Verwandtschaft. Da der Ehegatte diese Qualität verlieren kann, wurde er traditionell als irregulärer Erbe mit dem letzten Rang angesehen. Andererseits gestattete das französische Recht im Verhältnis zu Ehegatten in einem größeren Umfang Schenkungen als gegenüber Dritten. Gleichzeitig trug es der Befürchtung der Erbschleichung (captation) Rechnung. Deshalb sah Art. 1099 Abs. 1 Code Civil den Widerruf von Schenkungen unter Ehegatten vor, während Art. 1099 Abs. 2 Code Civil verdeckte Schenkungen verbot.

Nach dem bereits die Reform von 2001 erhebliche Verbesserungen zugunsten des überlebenden Ehegatten gebracht hatte (siehe oben), waren in Bezug auf das Schenkungsrecht Änderungen nahezu unausweichlich (vgl. Piedelièvre D. 2004, 2512, 2513).

Das neue Recht erlaubt Schenkungen in Bezug auf solche Gegenstände, die im Augenblick der Schenkung vorhanden sind. Zukünftige Vermögensgegenstände sind nicht erfasst. Insoweit soll dem Ehegatten die Möglichkeit vorbehalten bleiben, erbrechtlich zu verfügen. Einschränkungen dieses Rechts soll es nicht geben (vgl. Piedelièvre D. 2004, 2512, 2514). Solche Schenkungen sind mithin auch in Zukunft verboten.

Das bisherige Verbot in Bezug auf verdeckte Schenkungen war für den Rechtsverkehr problematisch, denn das Verbot wurde rigoros durchgesetzt. Jede verdeckte Schenkung war nichtig. Dies wird zum 1. Januar 2005 anders. Die Neuregelungen treten am 1. Januar 2005 in Kraft.

Art. 1096 Code Civil (Übersetzung)

Die Schenkung zwischen Ehegatten in Bezug auf zukünftige Güter, die während der Ehe gemacht werden, ist immer widerruflich.
Die Schenkung in Bezug auf vorhandene Güter, die zwischen Ehegatten gemacht wird, ist nur unter den Voraussetzungen der Art. 953 bis 958 widerruflich.
Die Schenkungen zwischen Ehegatten in Bezug auf vorhandene oder zukünftige Güter werden nicht durch das unvorhergesehene Dazukommen von Kindern widerrufen.

Anmerkung: Das Gesetz 2004-439 vom 26. Mai 2004 tritt am 1. Januar 2005, ausgenommen die Ausnahmen, die in Art. 33 Abs. 2 geregelt sind. Die Ausnahmen betreffen rechtshängige Scheidungsverfahren.

  1. Reform 2007

 

Am 13. Juni 2006 hat die französische Nationalversammlung das Gesetz Nr. 2006-728 angenommen, mit dem das französische Erbrecht modernisiert wurde. Das Gesetz modifizierte ca. 200 Artikel des Code Civil und tritt am 1. Januar 2007 in Kraft. Es hat einige wesentliche Neuerungen eingeführt. Das Ehegattenerbrecht bleibt jedoch im Wesentlichen unverändert. Überlegungen, die Testierfreiheit zugunsten des Ehegatten in einigen Fällen einzuschränken, hat die französische Nationalversammlung in letzter Minute aufgegeben. Auch in Zukunft kann der Ehegatte vollständig enterbt werden. Er wird zwar als gesetzlicher Erbe berücksichtigt, ist jedoch kein Noterbe. Auf die Einzelheiten zur Reform 2007 wird an anderer Stelle näher eingegangen.

 

  1. Steuerrecht

 

Durch Gesetz vom 21 August  2007 (en faveur du travail, de l’emploi et du pouvoir d’achat) ist auch das Erbschaftsteuerrecht dramatisch reformiert worden. Im wesentlichen betrifft die Reform die erbbedingte Besteuerung von Ehegatten, aber auch Partner aus gleichgeschlechtlichen Lebensgemeinschaften im Falle der testamentarischen Begünstigung. Sie genießen ab dem Inkrafttreten des Gestzes eine vollständige Befreiung von der Erbschaftsteuer (Art. 796-0 bis Code général des impôts).

Beispiel: Herr Meier verstirbt am 1. September 2007, ohne ein Testament oder eine Schenkung unter Lebenden verfügt zu haben. Er hintrelässt seine 62 jährige Ehefrau sowie 2 gemeinsamen Kindern. Das Vermögen besteht aus einem Haus in Frankreich mit einem Wert von 900.000 €.

 

Die Ehefrau hat nun die Wahl, ob sie 1/4 des Nachlasses zu nacktem Eigentum oder ein Nießbrauchsrecht am gesamten Vermögen erlangen möchte. Sie optiert auf den Nießbrauch, so dass die Kinder jeweils 1/2 des nackten Eigentums erhalten.

 

Da der Erbfall nach dem 22. August 2007 eintrat, ist die Ehefrau von der Steuerlast ausgenommen. Es muss jedoch der Wert des Nießbrauchs ermittelt werden, um den Wert des nackten Eigentums zu ermitteln, das den Kindern zufällt. In diesem Fall beträgt der Wert des Nießbrauchs 40 % des Gesamtwertes.

Die Kinder erhalten jeweils die Hälfte des Nachlasses (also jewiels 450.000 € zu nacktem Eigentum. Das nackte Eigentum beträgt 60 % von 450.000 €, also 270.000 €. Die Kinder können einen Freibetrag von 150.000 € geltend machen, so dass sie jeweils 120.000 € versteuern müssen. In 2009 wurde der Freibetrag geringfügig angeopast und beträgt nunmehr 156.357 €, so dass effektiv 113.643 € zu versteuern sind. Nach der geltenden Steuertabelle ist dann wie folgt vorzugehen:

 

Berechnungsgrundlage Steuersatz
bis 7.699 €

von 7.699 bis 11.548 €

von 11.548 bis 15.195 €

von 15.195 bis 526.760 €

von 526.762 bis 861.050 €

von 861.053 bis 1.722.100 €

oberhalb von 1.722.100 €

5%

10%

15%

20%

30%

35%

40%

 

Für weitere Informationen stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung. Eine Reihe praktischer Aspekte können Sie in einem anderen Beitrag nachlesen.