Mit der gegenseitigen Vereinbarung, ein Werk gegen eine Entgelt zu erstellen und abzuliefern, kommt ein Vertrag zustande, der -soweit Bauvorhaben von nennenswerter Größe und Komplexität betroffen sind- Ähnlichkeiten zu einer gewillkürten oder gekorenen Schicksalsgemeinschaft aufweist. Die Erfolgsorientierung des Werkvertrages kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass sich die Parteien in einer Vereinbarung verhaftet sehen, die über einen längeren Zeitraum hinweg wechselseitige Mitwirkungspflichten begründet. Zudem sehen sich beide Vertragsparteien während der Vertragserfüllung vielfältigen natürlichen, äußerlichen Ereignissen ausgesetzt, die schwer oder gar nicht vermeidbaren Einflüsse auf die Art und Weise der Vertragserfüllung haben. Gerechtigkeitsfragen (die kommutative und distributive Gerechtigkeit betreffend) treten auf. Der Vertrag und die ihn begleitenden gesetzlichen bzw. rechtlichen Rahmenbedingungen geben Auskunft über die eventuellen rechtlichen Folgen solcher Einflüsse.

Nach heutiger Auffassung (in Deutschland) ist der Werkvertrag (§§ 631 ff. BGB) auf die Herbeiführung eines Arbeitserfolges gerichtet. Ein selbständiger Unternehmer stellt seinen Dienst einem beliebigen Dritten zur Verfügung, ohne damit in ein besonderes Treueverhältnis mit dem Auftraggeber einzutreten, das einen Dienstvertrag begründen würde. 

Im gemeinen römischen Recht unterstellte man den Werkvertrag der Miete oder Leihe (locatio conductio operis). Der Locator übertrug das Vorhaben dem Conductor in dem Sinne, dass es diesem oblag, das Werk herszustellen und an den Locator zu übergeben. Heute ist der Werkvertrag Arbeitsauftrag. Vielfach ähneln sich das römische und deutsche Recht noch heute. Unterschiede sind vor allem in bezug auf die Haftung für Sachmängel, die Gefahrtragung und das Zurückbehaltungsrecht festzustellen (Planitz, Deutsches Privatrecht, 1948, S. 166). Das französische Recht hingegen zählt den Werkvertrag (contrat d´entreprise) nach wie vor zu den Mietverträgen (contrat de louage d´ouvrage).

Der deutsche Werkvertrag ist heute ein synallagmatischer und kommutativer Konsensualvertrag, gerichtet auf die erfolgreiche Leistungserbringung in einem Austauschverhältnis, bei dem die vereinbarte Vergütung als gerechter und angemessener Gegenwert der Leistung betrachtet wird. Das Handwerk ist nach wie vor von zentraler Bedeutung. Jedoch nimmt die Bedeutung der handwerksrechtlich organisierten Berufsgruppen ab, weil die deutsche Handwerkstradition im europäischen Wettbewerb ein Fremdkörper darstellt und weil Qualitätsstandards nicht mehr handwerksspezifisch sind. Gleichwohl hat das Handwerksrecht noch heute Bedeutung für die Frage, ob der Unternehmer das Werk selbst (intuitu persone) ausführen muss oder nicht.

Die römisch-rechtlichen Überzeugungen und Begriffe sind noch heute in Gebrauch, z.B. in Südafrika (vgl. BK Tooling (Edms)Bpk v. Scope Precision Enigineering (Edms) Bpk 1979 (1) SA 391 (A)), in Botswana und in Schottland (vgl. Stewart & Anor v. Malik [2008] ScotSC 12 (29 April 2008)).

Die Natur des Werkvertrages im “Civil Law” ist für das Verständnis von Baurecht im Ausland von großer Bedeutung. Bei der Analyse der Rechtsnatur des Werkvertrages treten sehr hilfreiche Hinweise auf Gemeinsamkeiten und Unterschiede in einzelnen Rechtssystemen zutage. Die Rechtsvergleichung ist ein probates Mittel der Rechtsfortbildung und der Rechtserkenntnis. So zeigen sich z.B. im Vergleich des englischen und deutschen Rechtssystems Ähnlichkeiten in Bezug auf den Wert von Leistung und Gegenleistung und Unterschiede hinsichtlich der Folgen von Umständen, die die Geschäftsgrundlage ändern. Während das deutsche Recht die Vertragspreisanpassung favorisiert, schlägt das englische Recht einzig die Auflösung des Vertrages vor, bezüglich dessen das Wertverhältnis von Leistung und Gegenleistung erschüttert wurde.

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