Einleitung
In Zeiten, in denen sich der Staat, insbesondere angesichts der Verknappung zur Verfügung stehender Ressourcen, aus der sozialen Verantwortung zurückzieht, gewinnt der Gedanke genossenschaftlicher Solidarität wieder an Bedeutung. Dies trifft im Grunde genommen alle Bereiche des täglichen Lebens und der Daseinsvorsorge, namentlich auch und gerade den Wohnungsbau, dessen Risiken den Einzelnen in fachlicher und finanzieller Hinsicht vielfach überfordern.
Die Genossenschaft ist ein Zweckbündnis, ohne abgeschlossenen Mitgliederkreis. Sie schöpft ihre wirtschaftliche Macht aus der Solidarität ihrer Mitglieder und wird nicht zum Eigenutze sondern von Gesetzes wegen zum Wohle ihrer Mitglieder tätig. Dies macht sie theoretisch zu einem vielseitig interessanten Modell.
Diesen Befund nimmt der Autor zum Anlaß, das Potential genossenschaftlicher Interessenbündelung zusammenzufassen und zu hinterfragen.
I. Gesetzlicher Förderauftrag
Die Genossenschaft ist eine personalistisch organisierte juristische Person mit besonderer Zielrichtung.
1. Förderung des Erwerbs oder der Wirtschaft
Der gesetzliche Auftrag der Genossenschaft besteht nach § 1 GenG darin, den Erwerb oder die Wirtschaft ihrer Mitglieder zu fördern. Diese Zweckorientierung ist essentielles Wesensmerkmal der Genossenschaft (Müller, GenG, § 1 Rn. 18; vgl. auch Michalski, aaO., S. 3; BGH NJW 1979, S. 1411). Neben der Förderung des Erwerbs der Mitglieder steht als selbständiger Zweck die Förderung der Wirtschaft ihrer Mitglieder, worunter im weitesten Sinne die private Haushaltung zu verstehen ist (Müller, GenG, § 1 Rn. 25; Lang/Weidmüller, GenG, § 1 Rn. 27). Gemeint ist die Förderung der Lebensführung der Mitglieder, die nicht Erwerbstätigkeit ist (Müller, GenG, § 1 Rn. 25).
a. Die Genossenschaft erfüllt ihren Förderauftrag, indem sie ihre Mitglieder in wirtschaftlich relevanter Weise bei der Befriedigung der persönlichen Lebensbedürfnisse unterstützt (Müller, GenG, § 1 Rn. 26). Im Rahmen ihres Auftrages kann die Genossenschaft ihren Mitgliedern zuvörderst helfen, bei der Befriedigung materieller Bedürfnisse Ersparnisse zu erzielen, sie kann die Wirtschaft der Mitglieder fördern, indem sie die Mitglieder bei der Verwertung nicht mehr benötigter Haushaltsgegenstände unterstützt und sie kann auch ideelle Bedürfnisse ihrer Mitglieder fördern, in dem sie z.B. kulturelle und sportliche Veranstaltungen organisiert oder durchführt bzw. hierzu erforderliche Anlagen betreibt (Müller, GenG, § 1 Rn. 27-29). Der Förderauftrag wäre zu eng ausgelegt, wenn er sich auf die allgemeine Haushaltung im Sinne einer planmäßigen Tätigkeit des Menschen zur Befriedigung der Bedürfnisse an äußeren Gütern oder auf Befriedigung nur materieller Güter beschränken würde (RGZ 133, S. 170 ff.; a.A. KG JW 1929, S. 1151 Nr. 1 -Kegelsporthalle). Auch Vereinigungen, deren Ziel eher ideeller Art ist, führen zur Erreichung ihres Zweckes eine Wirtschaft. Sie alle bedürfen der materiellen Güter, nicht nur des Geldes, sondern auch der Sachgüter zur Verfolgung ihrer Bestrebungen. Zielt daher die Tätigkeit einer Genossenschaft auf die Beschaffung von Gegenständen, die der Befriedigung eines Kulturbedürfnisses dienen, wie die Beschaffung von Büchern, Lehrmitteln, auch der erforderlichen Räume, so wird auch damit die Förderung der Wirtschaft ihrer Mitglieder erstrebt (RGZ 133, S. 170 ff.). Soweit ideeelle Ziele neben dem Hauptzweck gefördert werden, sind sie im Grunde unbeschränkt zulässig (Müller, GenG, § 1 Rn. 34; KGJ 14, S. 43).
b. Die Art der Förderung orientiert sich am Unternehmensgegenstand und an den Bedürfnissen der Mitglieder (BGH DB 1978, S. 151). Die Genossenschaft kann ihre Mitglieder mittelbar und unmittelbar fördern (Lang/Weidmüller/Metz, GenG, § 1 Rn. 32); die Genossenschaft kann sogar einzelne Geschäftszweige ausgliedern und auf Tochterunternehmen übertragen (Lang/Weidmüller/Metz, GenG, § 1 Rn. 38).
Wie weit die Ausgliederung von Geschäftszweigen gehen darf, ist an dem satzungsmäßigen Unternehmensgegenstand zu messen. Die Ausgliederung kann den gesamten Geschäftsbetrieb der Genossenschaft umfassen, solange sie nur in der Lage bleibt, ihren gesetzlichen Föderauftrag zu erfüllen. Die Genossenschaft gewährleistet bereits den Förderauftrag, indem sie die Tochtergesellschaftverpflichtet, dem Förderzweck der Genossenschaft Rechnung zu tragen und ihr echte Pflichten auferlegt (vgl. Lang/Weidmüller/Metz, GenG, § 1 Rn. 38b). Beteiligungen der Genossenschaften sind erst dann unzulässig, wenn sie keinen wirtschaftlichen Zusammenhang mit dem Geschäftsbetrieb der Genossenschaft aufweisen und demzufolge auch nicht als dem genossenschaftlichen Förderungszweck dienend erachtet werden können (Schubert/Steder, Genossenschaftshandbuch, § 1 GenG Rn. 19).
c. Die Genossenschaft genügt ihrem Förderauftrag auch dadurch, daß sie ihren Mitgliedern verbilligte Bezugsmöglichkeiten für Waren und Leistungen vermittelt (Lang/Weidmüller/Metz, GenG, § 1 Rn. 21; Müller, GenG, § 1 Rn. 23; Hettrich/Pöhlmann, GenG, § 1 Rn. 5). Die Auslieferung kann auch über Drittunternehmen erfolgen (OLG Naumburg BlfG 1905, S. 314). Diese müssen nicht zwangsläufig genossenschaftliche Unternehmen sein. Möglich und zulässig sind alle Geschäfte mit Nichtmitgliedern, durch die der Genossenschaftsbetrieb ermöglicht oder gefördert wird (Lang/Weidmüller/Metz, GenG, § 8 Rn. 14; Müller, GenG, § 8 Rn. 15, § 1 Rn. 38). Der Kreis dieser Geschäfte ist grundsätzlich weit zu fassen (Müller, GenG, § 8 Rn. 15). Die Genossenschaft darf im Rahmen ihres Förderzweckes mit Nichtmitgliedern zusammenarbeiten, die attraktivere Leistungen an Mitglieder ermöglichen oder deren finanzielle Belastung verringern sollen (Müller, GenG, § 8 Rn. 15).
2. Zweckkonkretisierung durch Satzung
Die eingetragene Genossenschaft ist der gesetzliche Grundtypus der Genossenschaft. Ihren konkreten Förderzweck erhält sie durch die Satzung. In der Bestimmung des Satzungszweckes sind die Genossenschaftsmitglieder frei. Der Zweck kann unter anderem auch dahin gehen, die technische und wirtschaftliche Vorbereitung und Durchführung des Wohnungsbaues sowie von Modernisierungs- und Sanierungsmaßnahmen in fremdem Namen und für fremde Rechnung zu besorgen (Lang/Weidmüller, GenG, § 1 Rn. 72). Gehört die Betreuung der Mitglieder bei der Vorbereitung und Durchführung von Bau-, Modernisierungs- und Sanierungsmaßnahmen zu dem in der Satzung bestimmten Geschäftskreis, so hat das Mitglied hierauf einen genossenschaftlichen Anspruch (Land/Weidmüller, GenG, § 1 Rn. 91), deren sich vor allem darin konkretisiert, daß ihm die Genossenschaft zu Ersparnissen verhilft.
3. Schutz des satzungsgemäßen Wirtschaftens
Das satzungsgemäße Wirtschaften der Genossenschaften wird in Art. 9 Abs. 1 GG geschützt, der das Recht für Jedermann gewährleistet, (auch zur Wahrung und Förderung der Wirtschaftsbedingungen) Vereinigungen zu bilden, und zwar vorbehaltlich der Schranken in Art. 9 Abs. 2 GG auch zu wirtschaftlichen Zwecken, die ihrerseits mitumfaßt sind (Baumbach/Hefermehl, UWG, Allg. Rn. 58). Art. 9 Abs. 1 GG schützt die Freiheit der Selbstbestimmung über die eigene Organisation, das Verfahren der Willensbildung und die Führung ihrer Geschäfte (BVerfGE 50, S. 290, 354). Mitenthalten ist der Schutz gegen staatliche Eingriffe bei der Mitgliederwerbung (v. Münch/Kunig/Löwer, GG, Art. 9 Rn. 34 “Mitgliederwerbung). Inhalt und Schranken der Vereinigungsfreiheit bestimmt der Gesetzgeber (v. Münch/Kunig/Löwer, GG, Art. 9 Rn. 20), wobei er den Kernbereich der Vereinigungsfreiheit zu achten hat. Unantastbar sind der Respekt vor der Satzungsautonomie, Willensbildung und Geschäftsführung sowie das Verbot der Fremdbestimmung den Mitgliedern der Kooperation gegenüber. Die Regelungsdichte ergibt sich aus den konkreten Ordnungs- und Schutznotwendigkeiten (BVerfGE 50, S. 290, 355).
Für sich genommen entfaltet damit die Außenwerbung der Genossenschaft lediglich ihr Selbstbestimmungsrecht. Jedoch unterliegt die Genossenschaft bei der Außenwerbung den Schranken der Gesetze. In der Gestaltung ihrer Außenwerbung steht damit die Genossenschaft nicht im rechtsfreien Raum. Anders als etwa bei Kreditkartenunternehmen (hierzu BGH NJW 1983, S. 1328, 1329) oder Buchclubs (OLG Düsseldorf WRP 1984, S. 75, 84) ruht die Mitgliederwerbung der wirtschaftlichen Zwecken dienenden Genossenschaft nicht auf der Ausnutzung von Gestaltungsvorteilen sondern auf ihrem originären Satzungszweck, so daß die Werbung der Genossenschaft keinesfalls einschränkungslos wettbewerbsrechtlicher Beurteilung unterliegt.
4. Der Förderauftrag als Verpflichtung und Privileg
Die Wirtschaft ihrer Mitglieder zu fördern, ist Selbstzweck der Genossenschaft. Der Förderauftrag privilegiert die Genossenschaft gegenüber Wettbewerbern und verpflichtet sie gegenüber ihren Mitgliedern. In den instutionellen Kern der Genossenschaft darf der Staat nicht eingreifen, ohne die Institution der Genossenschaft zu gefährden. Mithin ist z.B. die Werbung mit den besonderen wirtschaftlichen Vorteilen der Genossenschaft für sich genommen nicht unlauter. Hinzu treten müßte, daß sich die Genossenschaft im Wettbewerb mit Dritten unlautere Vorteile verschaffen will (BGH GRUR 1964, S. 146, 150). Soweit die Genossenschaft satzungsgemäße Vorteile, wie etwa den Anspruch auf eine sog. Warenrückvergütung anpreist, handelt sie nicht unlauter. Der Bundesgerichtshof hat das Prinzip der genossenschaftlichen Rückvergütung als einen der Genossenschaft eigentümlichen Vorteil definiert. Solange die Genossenschaften ihre Rückvergütungspflicht mit der einem Kaufmanne üblichen Sorgfalt erfüllt und insbesondere darüber wacht, daß sie der Pflicht auf der Grundlage einer rechtlich nicht zu beanstandenden Buchführung nachkommt (BGH GRUR 1964, S. 146, 150), kann die Genossenschaft praktisch zu Selbstkosten arbeiten.
II. Die Vorteile der genossenschaftlichen Solidarität
Die Beteiligung des Bau- oder Sanierungswilligen an einer Genossenschaft birgt den Vorteil in sich, daß die Genossenschaft nicht nur wie ein Bauunternehmen haftet sondern dem Bau- oder Sanierungswilligen darüberhinaus genossenschaftlich verpflichtet ist. Hierin liegt eine Vielzahl von Vorteilen, die sich nicht nur in Haftungsfragen erschöpfen:
1. Geschäftsverkehr mit der Genossenschaft
Der Geschäftsverkehr zwischen der Genossenschaft und ihren Mitgliedern kann sowohl individuell geregelt werden wie auf der mitgliedschaftlichen Beziehung beruhen. Die Genossenschaft kann mit ihren Mitgliedern schuldrechtliche Vereinbarungen treffen, also insbesondere auch Baubetreuungsverträge oder Bauverträge, die unabhängig neben der gesellschaftsrechtlichen Sonderbeziehung stehen. Soweit die Tätigkeit der Genossenschaft ihren Grund der Förderung des Mitgliedes findet, wird die schuldrechtliche Vereinbarung allerdings von der genossenschaftlichen Beziehung überlagert, denn ihren genossenschaftlichen Pflichten kann sich die Genossenschaft nicht entziehen (Hettrich/Pöhlmann, GenG, § 18 Rn. 26). Die Genossenschaft ist mithin in der Abwicklung von ihr vertraglich übernommener Baubetreuungs- und Bauleistungen stets dem Fördergedanken verpflichtet. Es gilt u.a. der Gleichbehandlungsgrundsatz, der die Genossenschaft anhält, die Entgelte für Lieferungen und Leistungen an die Mitglieder an den jeweils gleichen Grundsätzen zu bemessen.
2. Genossenschaftliche Kontrolle
Das Genossenschaftsmitglied kontrolliert zudem seinen Auftragnehmer über die Mitgliederversammlung (Generalversammlung).
a. Die Mitgliederversammlung ist u.a. zwingend und ausschließlich zuständig für Satzungsänderungen, die Bestellung und Amtsenthebung des Vorstandes, die Wahl des Aufsichtsrates und die Beschlußfassung über die Gewinnverwendung.
b. Die Mitglieder haben in der Generalversammlung ein Auskunftsrecht über Angelegenheiten der Genossenschaft, soweit die Auskunft zur Meinungsbildung oder zur ordnungsgemäßen Erledigung von Tagesordnungspunkten erforderlich ist. Gegenstand des Auskunftsrechtes können die tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse der Genossenschaft oder die Tätigkeit des Vorstandes oder Aufsichtsrates sein (Lang/Weidmüller, GenG, § 43 Rn. 42).
c. Das Genossenschaftsmitglied gewinnt Einblick in die Solvenz seines Vertragspartners und kontrolliert die Mittelverwendung. Gemäß § 54 GenG muß die Genossenschaft einem Prüfungsverband angehören, der die Genossenschaft turnusgemäß alle zwei Jahre prüft.
3. Gewinnbeteiligung
Das Genossenschaftsmitglied partizipiert an den Gewinnen der Genossenschaft, § 19 Abs. 1 S. 1 GenG. Beschließt die Generalversammlung der Genossenschaft gelegentlich der Genehmigung des Jahresabschlusses eine Gewinnausschüttung, so stellen die daraufhin ausgeschütteten Dividenden bei den Mitgliedern Einkünfte aus Kapitalvermögen im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG dar, die mit 25 vom Hundert jährlich zu versteuern sind.
4. Warenrückvergütung
Hervorzuheben ist die Möglichkeit zur satzungsgemäß vorgesehenen sog. Warenrückvergütung, die bei der Genossenschaft gemäß § 22 KStG als echte Betriebsausgabe berücksichtigt wird (Lang/Weidmüller, GenG, § 19 Rn. 39), die Anschaffungskosten beim Genossenschaftsmitglied jedoch nicht mindert (vgl. BFHE 141, S. 45; Schmidt, EStG, § 6 Rn. 98) und gleichzeitig als “Einnahme” nicht der Besteuerung unterliegt. Umsatzsteuerrechtlich stellt die Rückvergütung gemäß § 17 Abs. 1 UStG allerdings eine Minderung des Entgelts dar (Lang/Weidmüller, § 19 Rn. 41).
Diese Einschätzung beruht darauf, daß die Warenrückvergütung als spezielles genossenschaftschaftliches Institut ausgestaltet ist. Die Warenrückvergütung stellt die Rückführung des Geschäftsüberschusses an die Genossenschaftsmitglieder dar, der den Mitgliedern als Folge der gesetzlichen Förderungspflicht der Genossenschaft gegenüber ihren Mitgliedern gebührt (Lang/Weidmüller, GenG, § 19 Rn. 30), denn die Bildung übermäßiger Reserven ist mit dem Wesen der Genossenschaft unvereinbar (BFH BStBl 1954 III, S. 36). Durch die Warenrückvergütung erhält das Genossenschaftsmitglied nur zurück, was ihm durch die Genossenschaft gar nicht abverlangt hätte werden dürfen, wenn man die Idee der naturalen Förderung der Genossen ernst nimmt (Müller, GenG, § 19 Rn. 19). Mithin ist die Warenrückvergütung keine Preiskorrektur für das einzelne Geschäft zwischen Genossenschaft und Mitglied. Vielmehr ist sie eine Institution, durch die die Genossenschaft ohne Rücksicht auf die Preisgestaltung im einzelnen Leistungsgeschäft gegenüber den Mitgliedern ihre Aufgabe erfüllt, diesen einen Geschäftsbetrieb zur Verfügung zu stellen, der nicht auf Gewinnerzielung abgestellt ist (Müller, GenG, § 19 Rn. 19). Aus diesem Wesen der Rückvergütung ergibt sich, daß sie keine Form der Gewinnverteilung darstellt (vgl. Paulick FS König, S. 285 ff.; Reinhard, Die genossenschaftliche Rückvergütung, S. 29; Müller, GenG, § 19 Rn. 20). Der BFH (BStBl 1966 III, S. 321; vgl. auch BFH BStBl 1975 III, S. 351) bestätigt diese Auffassung und führt aus:
“Da die Genossenschaft eine Körperschaft ist, würde des dem deutschen Besteuerungssystem entsprechen, wenn sie wie eine Kapitalgesellschaft den von ihr erzielten Gewinn versteuern würde und wenn ferner die den Genossen zufließenden Beträge bei diesen der Einkommensteuer unterlägen. Der Steuergesetzgeber will aber die Genossenschaften nicht ebenso wie Kapitalgesellschaften besteuern, weil die Genossenschaft auf bestimmte Zwecke ausgerichtet ist, während die Kapitalgesellschaften jeden Zweck verfolgen könneninsbesondere aber, weil nicht die Förderung wirtschaftlicher Zwecke schlechthin, sondern die Förderung des Erwerbs oder der Wirtschaft der Mitglieder mittels gemeinschaftlichen Geschäftsbetriebes das Ziel der Genossenschaft ist. Die wirtschaftliche Aufgabenstellung der Genossenschaft als Hilfsfunktion für die Betriebe und Wirtschaften ihrer Mitglieder wird damit zum rechtlichen Begriffsmerkmal. Der Geschäftsbetrieb ist darum nicht auf die Erzielung von Gewinnen, sondern auf die Vermittlung von Ersparnissen für die Mitglieder der Genossenschaft, die zugleich ihre Kunden sind, gerichtet. Die Überschüsse, die durch den gemeinschaftlichen Geschäftsbetrieb erzielt werden, sind deshalb dem Genossenschaftsgedanken gemäß nicht als Gewinn im kapitalistischen Sinne, sondern als Ersparnisse anzusehen.”
5. Verdeckte Gewinnausschüttung
Im Steuerrecht werden schuldrechtliche Vereinbarungen zwischen Kapitalgesellschaft und Gesellschafter oftmals nicht anerkannt (vgl. Schmidt, EStG, § 20 Rn. 68 ff.). Demgegenüber sind die Beziehungen der Genossenschaftsmitglieder zur Genossenschaft grundsätzlich privilegiert (Lang/Weidmüller, GenG, § 1 Rn. 230), wenn auch nicht gänzlich, so daß auch im Verhältnis der Genossenschaft zu ihren Mitgliedern das Problem der verdeckten Gewinnausschüttung auftaucht. Verdeckte Gewinnausschüttungen sind zugeflossene Vermögensvorteile, die eine Kapitalgesellschaft ihren Gesellschaftern außerhalb der gesellschaftsrechtlichen Gewinnverteilung zuwendet, wenn ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter sie einem Nichtgesellschafter unter sonst gleichen Umständen nicht zugewendet hätte (BFH BB 1988, S. 1304, 1307; BFH BB 1990, S. 2025, 2027; Schmidt, EStG, § 20 Rn. 61).
Liegen z.B. die gesetzlichen Voraussetzungen einer Warenrückvergütung nicht vor, sind hierauf geleistete Zahlungen verdeckte Gewinnentnahmen und den sonstigen Ausschüttungen aus steuerpflichtigen Gewinnen hinzuzurechnen (vgl. BFH BB 1988, S. 1304, 1307; Schubert/Steder, Genossenschaftshandbuch, 5010 Rn. 28). Keine verdeckte Gewinnausschüttung beinhaltet es dagegen, wenn die Genossenschaft ihre Geschäfte so behandelt, wie ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter die Genossenschaft führen würde. Dieser muß dem Zweck der Genossenschaft entsprechend handeln. Besteht der Zweck der Genossenschaft darin, den Erwerb oder die Wirtschaft ihrer Mitglieder durch günstige Baukonditionen zu fördern, kann sie nach dem Kostendeckungsprinzip verfahren (vgl. BFH BB 1990, S. 541, 542).
6. Die Genossenschaftsmitglieder sind untereinander nicht rückhaltlos zur Solidarität verpflichtet. Im Außenverhältnis haftet die Genossenschaft nur mit ihrem Vermögen (§ 2 GenG). Ein Durchgriff auf die Genossenschaftsmitglieder findet nicht statt. Allerdings sieht § 105 Abs. 1 GenG im Konkursfall eine Nachschußpflicht vor, die jedoch in der Satzung abbedungen werden kann (vgl. §§ 6 Nr. 3, 105 Abs. 1 GenG). Im Ergebnis schöpft die Genossenschaft ihren wirtschaftlichen Rückhalt aus den Einlagen ihrer Mitglieder und ihrer eigenen Geschäftstätigkeit. Für die Einlagen der Mitglieder bestehen keine gesetzlichen Vorgaben. Der zu zeichnende und einzuzahlende Geschäftsanteil ist in der Satzung betragsmäßig festzulegen und muß auf volle DM-Beträge lauten. Der Erwerb mehrerer Geschäftsanteile kann in der Satzung vorgesehen werden.
7. Die beschränkte Haftung der Genossenschaftsmitglieder ermöglicht es, auch das Nichtmitgliedergeschäft zu betreiben. Zwar unterliegt die Genossenschaft insoweit strukturbedingt gewissen Einschränkungen, doch jedenfalls solange das Nichtmitgliedergeschäft der Mitgliederförderung dient, sind Zweckgeschäfte mit Dritten zulässig, zumal dann, wenn sie der Auslastung freier Kapazitäten dienen, die Stellung der Genossenschaft am Markt verbessern, um neue Mitglieder zu werben, oder wenn kurzfristige Umsatzschwankungen ausgeglichen werden sollen (Lang/Weidmüller, GenG, § 8 Rn. 14 f.).
III. Zusammenfassung
Die Genossenschaft eignet sich als Kooperative, den Beteiligten beim Wohnungsbau bzw. der Modernisierung und Sanierung von Altbauten Ersparnisse zu erwirtschaften, die steuerlich begünstigt sind, ohne die Beteiligten einem größeren Haftungsrisiko auszusetzen. Die Genossenschaftsmitglieder sind zudem am Gewinn beteiligt, kontrollieren die Geschäftsleitung und können sich am Markt mit den jeweils günstigsten Leistungen eindecken. Die jeweilige Kapitalbeteiligung und damit die jeweilige Kapitalbindung ist bei dieser Form des Wirtschaftens gering. Die Mitglieder können ihre Gewinne in den ersten Jahren stehen lassen, um die Genossenschaft handlungsfähig (er) zu machen. Zwar dürfte die Genossenschaft zu Beginn kaum bzw. nicht kreditwürdig sein, doch kann sie diesen Nachteil durch die Bindung von Kooperationsunternehmen ausgleichen. Das Insolvenzrisiko ist eher gering, solange die Genossenschaft ihre Vertragspartner solide aussucht und konservativ kalkuliert.
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