vormals Schiedsrichter bei dem Schiedsgericht Bau in Berlin EWIV, Adjudicator (FIDIC President´s List, VBI Liste), Schiedsrichter, Mitglied des Schiedsgerichthofes der deutsch-türkischen Handelskammer; Country Representative der DRBF in Deutschland.
I. Einführung
1. Ausschreibungsunterlagen und Leistungsverzeichnisse, die bei der Vergabe von Bauleistungen verwendet werden, müssen gewissen Mindestanforderungen genügen. Von ihrer Gestaltung kann die Durchsetzbarkeit von Mängelansprüchen und Werklohnnachforderungen abhängen (vgl. VOB-Stelle Niedersachsen, Entscheidung vom 19.04.2007 – IBR 2007, 546 -Brechen von Fels war nicht vereinbart).
2. Gemäß § 9 Nr. 1 VOB/A ist die Leistung eindeutig und so erschöpfend zu beschreiben, dass alle Bewerber die Beschreibung im gleichen Sinne verstehen müssen und ihre Preise sicher und ohne umfangreiche Vorarbeiten berechnen können. Bedarfspositionen (Eventualpositionen) dürfen nur ausnahmsweise in die Leistungsbeschreibung aufgenommen werden. Angehängte Stundenlohnarbeiten dürfen nur in dem unbedingt erforderlichen Umfang in die Leistungsbeschreibung aufgenommen werden. Gemäß § 9 Nr. 3 Abs. 3 sind die für die Ausführung der Leistung wesentlichen Verhältnisse der Baustelle, z. B. Boden- und Wasserverhältnisse, sind so zu beschreiben, dass der Bewerber ihre Auswirkungen auf die bauliche Anlage und die Bauausführung hinreichend beurteilen kann.
Nach der VOB/A werden zwei Formen der Leistungsbeschreibung unterschieden:
- Leistungsbeschreibung mit Leistungsverzeichnis
- Leistungsbeschreibung mit Leistungsprogramm
Gemäß § 9 Nr. 11 VOB/A soll die Leistung in der Regel durch eine allgemeine Darstellung der Bauaufgabe (Baubeschreibung) und ein in Teilleistungen gegliedertes Leistungsverzeichnis beschrieben werden.Die VOB/C gibt, gegliedert nach verschiedenen Bereichen, Hinweise für das Aufstellen der Leistungsbeschreibung (z. B. DIN 18 299 “Allgemeine Regelungen für Bauarbeiten jeder Art”, DIN 18 300 “Erdarbeiten”, DIN 18 303 “Verbauarbeiten”) Die Hinweise in Abschnitt 0 der Allgemeinen Technischen Vertragsbedingungen für Bauleistungen DIN 18 299 ff. sind grundsätzlich zu beachten (§ 9 Nr. 3 IV VOB/A).Nach der Rechtsprechung des BGH ist die Leistungsbeschreibung eines Bauvertrages (§ 1 Nr. 2 Buchst. a VOB/ B) ist als sinnvolles Ganzes auszulegen (BGH, 11.03.1999 – VII ZR 179/98, ZfBR 1999, 256; BGH BauR 2003, 288). Dabei gibt es keinen grundsätzlichen Vorrang des Leistungsverzeichnisses vor den Vorbemerkungen BGH ZfBR 1999, 256).
3. Der Auftraggeber hat dem Auftragnehmer die für die Ausführung nötigen Unterlagen unentgeltlich und rechtzeitig zu übergeben (§ 3 Nr. 1 VOB/B). Der Auftragnehmer muss die Unterlagen prüfen (§ 3 Nr. 3 S. 2 VOB/B). Der Auftragnehmer hat dem Auftraggeber jedoch nur für die vertraglich vereinbarte Leistung einzustehen. Darüberhinausgehende Leistungen kann der Auftraggeber zwar anordnen (vgl. § 2 Nr. 6 Abs. 1 VOB/B), er muß sie jedoch ggf. auch vergüten, wenn sie die Mehrvergütung rechtzeitig angekündigt wird. Unvollständige oder lückenhafte Leistungsverzeichnisse legen mithin die Grundlage für Streit. Auf der einen Seite können Mehrvergütungsansprüche aufgemacht werden, auf der anderen Seite hat der Auftragnehmer für nicht vereinbarte Leistungen nicht einzustehen. Allenfalls muß er auf Lücken hinweisen.
a. Ist das vom Auftraggeber verfaßte Leistungsverzeichnis für den Bieter, der das vorauszusetzende Fachwissen hat, nicht erkennbar unvollständig, unrichtig oder unklar bzw. mißverständlich, trägt der Auftraggeber das Risiko von Mehrkosten (vgl. § 2 Nr. 5 und 6 VOB/B) tragen. Von dieser Verantwortung kann sich der Auftraggeber nicht freizeichnen. Die Vorbemerkung (ob sinngemäß oder wörtlich)
“Sollten einzelne Positionen in der nachfolgenden Leistungsbeschreibung nicht genau beschrieben sein oder Teile, die selbstverständlich zur Ausführung gehören, nicht genannt werden, gilt für die Leistung immer die fix und fertige Arbeit einschließlich aller Nebenkosten.”
verstößt gegen § 9 Nr. 1, 2 und 3 VOB/A sowie § 2 VOB/B. Erhält die Klausel den Charakter einer Allgemeinen Geschäftsbedingung oder ist sie in ihnen enthalten, kann sie nach §§ 5, 9 AGB-Gesetz unwirksam sein (vgl. BGH SFH Z 2.311 Bl. 17 ff.).
b. Macht der Auftraggeber in der Leistungsbeschreibung unrichtige Angaben oder verschweigt er ihm bekannte erhebliche Umstände, können ggf. auch Schadensersatzansprüche des Auftragnehmers erwachsen. Voraussetzung ist, daß dem Bieter die Lückenhaftigkeit der Leistungsbeschreibung nicht erkennbar ist.
c. Ist ein Mangel auf die (fehlerhafte) Leistungsbeschreibung zurückzuführen, kommt die Befreiung des Auftragnehmers von der Gewährleistung in Betracht, denn er kann sich grundsätzlich auf die Richtigkeit und Vollständigkeit des vom Auftraggeber bzw. dessen Erfüllungsgehilfen (Architekt, Statiker usw.) stammenden Leistungsbeschreibung verlassen kann. Allerdings obliegt ihm grundsätzlich eine Prüfungspflicht. Er muß nachprüfen, ob die Angaben in ihren Einzelheiten wie auch nach ihrem Gesamtbild technisch einwandfrei und zur Erreichung der Bauabsicht tauglich sind, ob sie insbesondere den anerkannten Regeln der Technik, vor allem dabei auch den Anforderungen in den DIN-Normen, entsprechen. Doch auch diese Prüfungspflicht ihre Grenzen, die durch die Fachkenntnis, die von einem ordnungsgemäßen Auftragnehmer des maßgebenden Berufszweiges verlangt werden kann und muß, vorgegeben ist.
II. Vorgaben
Die allgemeingültige DIN 18 299 schreibt für die Gestaltung der Leistungsbeschreibung die Mitteilung über folgende Bereiche vor:
Angaben zur Baustelle (0.1)
Angaben zur Ausführung (0.2)
Einzelangaben bei Abweichungen von den ATV (0.3)
Einzelangaben zu Nebenleistungen und Besonderen Leistungen (0.4) und den Abrechnungseinheiten für Teilleistungen (0.5).
Die Mitteilungen sind erforderlich, wenn sie im Einzelfall für die Ausführung und die Vergütung eine Rolle spielen. Seit Dezember 1992 ist die DIN 18 299 in Abschnitt 0, und zwar in 0.1 und 0.2, im Hinblick auf einige Gesichtspunkte geändert bzw. ergänzt worden. Diese Änderungen sind für die Bereiche der Entsorgung und Wiederverwendung, ferner für die Pflege und Wartung maschineller und elektrotechnischer Anlagen sowie für besondere Formen der Abrechnung von Bedeutung.
Zur Baustelle sind anzugeben
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Anschlüssen für Wasser, Energie und Abwasser
Lage und Ausmaß der dem Auftragnehmer für die Ausführung seiner
Leistungen zur Benutzung oder Mitbenutzung überlassenen Flächen, Räume;Bodenverhältnisse, Baugrund und seine Tragfähigkeit
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Forderungen des Gewässer-, Boden-, Natur-, Landschafts- oder Immissionsschutzes
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Versorgungsleitungen; bekannte oder vermutete Hindernisse im Bereich der Baustelle, z. B. Leitungen, Kabel, Dräne, Kanäle, Bauwerksreste und, soweit bekannt, deren Eigentümer
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Zur baulichen Ausführung sind im allgemeinen folgende Angaben erforderlich:
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III. Internationale Leistungsbeschreibungen
Literatur: Hök, Employer´s Requirements in Design-Build Contracts under FIDIC – a comparative study, ICLR 2012, 121
Im internationalen Geschäft wird üblicherweise zwischen Design Specifications und Performance Specifications unterschieden. Design Specifications sind in Anlehnung an die angelsächsische Rechtsprechung und Praxis exakt zu befolgen. Abweichungen sind grundsätzlich nicht zulässig. Soweit sie angeordnet werden, liegt eine Variation Order vor. Für eine derartige Anordnung bedarf es einer vertraglichen Rechtsgrundlage. Performance Specifications sind funktionale Leistungsbeschreibungen, die dem Unternehmer Gestaltungsspielräume einräumen. Solche Performance Specifications werden üblicherweise in Deisgn & Build Verträgen benutzt.
Typisches Beispiel für Verträge mit Design Specifications ist das FIDIC Red Book (Design, Bid, Build). Performance Specifications werden für das FIDIC Yellow Book (Design & Build) benötigt. Im FIDIC Red Book Vertrag liegt die Planungsverantwortung überwiegend beim Auftraggeber. Im Design & Build Yellow Book Vertrag übernimmt der Unternehmer die Planungsverantwortung auf der Grundlage von Employer´s Requirements. Die Employer´s Requirements im FIDIC Yellow Book sollten als Performance Specifications ausgestaltet sein, um die Wahrscheinlichkeit von Variation Orders zu minimieren. Qualtätssicherung erfolgt über geeignete Performance Requirements und nicht über ein detailliertes Design. Typischerweise decken die Employer´s Requirements weniger als 10 % des gesamten Planungsaufwandes ab.
Häufig wird die Bedeutung der sogenanten technischen Unterlagen für das Forderungsmanagement unterschätzt. Gerade hier werden die Grundlagen für Mehrforderungen oder für eine stabile Budgetplanung gelegt. Zu enge oder unpassende Planungsvorgaben, noch dazu solche, die auf alten Daten beruhen und nicht akualisiert wurden, bevor darauf eine Vergabe gestützt wird, führen in kaum zu beherrschende Nachtragsforderungen oder Leistungsänderungen, Diskussionen und häufig auch streitige Auseinandersetzungen.
Auf jeden Fall sollte das was, die Allgemeinen Vertragsbedingungen des Yellow und des Silver Book vorgeben, ernst genommen werden. Die Definition von Employer´s Requirements in Unterklausel 1.1.1.5 FIDIC Yellow Book 1999 zeigt ausdrücklich auf, dass dieses Dokument den Zweck des Vorhabens beschreiben soll. Unterklausel 4.1 FIDIC Yellow Book verpflichtet den Unternehmer die Leistungen so zu erbringen, dass sie bei Fertigstellung für den vereinbarten Zweck geeignet sind. Fehlt eine Zweckangabe, ist dieser Test schwierig. Überdies ergänzt die Zweckangabe die Leistungspflicht des Unternehmers über Unterklausel 4.11 FIDIC Yellow Book. Danach ist im Preis alles enthalten, was für die Herstellung des Werkes im Sinne von Unterklausel 4.1 FIDIC Yellow Book erforderlich ist.
FIDIC Verträge sind dafür gedacht, mit unvorhersehbaren Problemen umzugehen. Das Vertragswerk denkt Lösungen für typische Baustellenrisiken vor udn erlaubt eine flexible Handhabung von Leistungsänderungen. Soweit allerdings die vertraglichen Leistungsanforderungen nachträglich angepasst werden müssen, gibt es keine im voraus bestimmten Lösungen. Solche Änderungen müssen als Variation behandelt werden, die in Abhängigkeit zum Anordnungsinhalt eine Vertragspreisanpassung und eine Bauzeitanpassung nach sich ziehen (können).
Unternehmer sollten im Bereich der FIDIC Design & Build Verträge sehr genau nachlesen, welche Anforderungen FIDIC an den Unternehmer mit Blick auf die Überprüfung der Leistungsbeschreibung stellt. Die Vertragswerke verlangen, dass der Unternehmer vor Angebotsabgabe prüft, inwieweit die Leistungsbeschreibung fehlerhaft ist. Hätte der Fehler, der später entdeckt wird, von einem erfahrenen Unternehmer bereits früher aufgezeigt werden können, entfällt die Notwendigkeit zu einer leistungsändernden Anordnung (Variation). Der Unternehmer trägt dann eventuelle Mehrkosten und auch das Bauzeitrisiko (vgl. Unterklausel 5.1 FIDIC Yellow Book).
IV. Weitere Auskünfte
Die Kanzlei Dr. Hök, Stieglmeier & Kollegen steht Ihnen gerne zur Erarbeitung Ihres individuellen Bauvertrages oder Allgemeiner Geschäftsbedingungen zur Verfügung. Auch beantworten wir gerne Ihre Fragen zum Bauvertrag, dessen Abwicklung und Vergütung. Bitten beachten Sie, dass Regelungen des BGB, des AGB-Rechts im BGB (früher Gesetz zur Regelung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen), des Haustürwiderrufsrechts, der Makler- und Bauträgerverordnung und andere Regelungen Einfluss auf die Gestaltung von Bauverträgen haben.
Im internationalen Bauvertragsrecht wird dagegen häufig auf andere Bauvertragsmuster Bezug genommen, vor allem auf die sog. FIDIC Conditions. Im internationalen Bereich werden Leistungsverzeichnisse häufig mit “Bill of Quantity” übertitelt. Mangels eindeutiger Vergabekriterien wird mit Ausschreibungs- oder Bieterbedingungen gearbeitet. Anspruch auf eine vollständige Ausschreibung besteht in der Regel nicht, es sei denn nationales Vergaberecht sieht entsprechendes vor.
Sie finden auf diesen Seiten weitere Informationen zum VOB/B-Vertrag, zur Abrechnung von Bauleistungen etc. Darüberhinaus finden Sie auch eingehende Informationen zu FIDIC Vertragsmustern. Herr Dr. Hök ist gelisteter FIDIC Adjudicator (FIDIC President´s List), Schiedsrichter mit Erfahrung nach UNCITRAL und ICC Regeln, Mitglied dreier FIDIC Task Groups sowie Chairman des FIDIC International Trainer Assessment.
Bitte sehen Sie sich die vielfältigen weiteren Informationen unter der Rubrik “Fachinformationen” an.
Für weitere Informationen stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.
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Ansprechpartner: Dr.Götz-Sebastian Hök
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