Übersicht

Die Genossenschaft ist ein ”wirtschaftlicher Verein” mit eigener Rechtspersönlichkeit und variabler Mitgliederzahl. Es müssen sich allerdings mindestens drei (früher sieben)  ”Genossen” bereit finden, Mitglied zu werden und zu bleiben. Ihre Mitglieder können aus- und eintreten, ohne dass die Genossenschaft ihre Rechtspersönlichkeit verändert. Ein Grundkapital wie bei einer GmbH ist nicht vorgeschrieben, aber seit der Reform des Genossenschaftsgesetzes im Jahr 2006 möglich. Jedes Mitglied zahlt einen Geschäftsanteil ein (oder auch mehrere). Die Höhe wird im Statut der Genossenschaft festgelegt.

Das Genossenschaftsstatut legt die innere Verfassung der Genossenschaft fest. Es regelt insbesondere das Verhältnis der Mitglieder zur Genossenschaft, die Aufgaben und Verpflichtungen der Genossenschaftsorgane. Der Genossenschaft steht ein Vorstand vor. Sie verfügt zwingend über einen Aufsichtsrat und die Generalversammlung, in der alle Mitglieder stimmberechtigt sind. Kleinere Genossenschaften können seit der Reform 2006 auf einen Aufsichtsrat verzichten. Die Generalversammlung wählt den Aufsichtsrat; in der Regel bestellt der Aufsichtsrat den Vorstand. Der Vorstand leitet die Genossenschaft und wird insoweit von dem Aufsichtsrat kontrolliert.

Jede Genossenschaft ist verpflichtet, einem Prüfungsverband beizutreten, der die Gründung der Genossenschaft und ihre Tätigkeit prüft und begleitet.

I. Entstehungsgeschichte

Der Typ der Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften ist seit der Mitte des 19. Jahrhunderts entstanden. Initiatoren der modernen Genossenschaftsbewegung waren der Richter Schultze aus Delitzsch bei Merseburg (1849) und der Bürgermeister Raiffeisen aus dem Rheinland. Beiden schwebte die Schaffung von Selbsthilfeorganisationen vor. Auf Raiffeisen gehen die ursprünglich vor allem für Landwirte gedachten Spar- und Darlehenskassen (Raiffeisenkassen) und landwirtschaftlichen Genossenschaften zurück. Schultze-Delitzsch begründete die ersten Konsumvereine und Einkaufsgenossenschaften. In der Zeit von 1933 bis 1945 wurden die Genossenschaften gleichgeschaltet und teilweise enteignet und abgeschafft. Nach dem 2. Weltkrieg erlebten sie eine kurze Blüte. Erst jetzt erlebt der Genossenschaftsgedanke wieder eine echte Renaissance. Aus der historischen Entwicklung haben sich folgende genossenschaftlichen Grundsätze herausgebildet:

 

Selbsthilfegrundsatz
Selbstverwaltungsgrundsatz
Grundsatz der Selbstverantwortung
Grundsatz der Identität von Mitglied und Kunde

II. Rechtliche Struktur

Die Genossenschaft hat eine eigene Rechtspersönlichkeit, d.h. sie kann im eigenen Namen Geschäfte abschließen und Recht erwerben, aber auch Pflichten begründen; kurz die Genossenschaft ist rechtsfähig.

Die eingetragenen Genossenschaften sind damit Körperschaften mit variabler Mitgliederzahl. Sie sind jedoch keine Kapitalgesellschaften, denn sie haben kein bestimmtes Grund- oder Stammkapital wie die Aktiengesellschaft oder Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Die Zahl der Geschäftsanteile schwankt aufgrund der variablen Mitgliederzahl (§ 1 1 GenG). Die eingetragene Genossenschaft (e.G.) ist juristische Person (§ 17 I GenG) und Kaufmann kraft Rechtsform (§ 17 II GenG). Sie ist damit in ihrer Geschäftstätigkeit den Regelungen des Handelsgesetzbuches verpflichtet.

III. Genossenschaftszweck

Der Zweck einer Genossenschaft liegt in der Förderung des Erwerbs und der Wirtschaft ihrer Mitglieder durch einen gemeinschaftlichen Geschäftsbetrieb. Zweck der Genossenschaften ist also nicht die eigene Gewinnerzielung sondern die Unterstützung ihrer Genossen bei deren Wirtschaftstätigkeit. Tatsächlich kann der Zweck sehr unterschiedlich sein:

z.B. Wohnungsbau und –vermietung
z.B. Einkauf- und Verkauf
z.B. Kreditvergabe
z.B. Werbung
z.B. Dienstleistungen für Mitglieder

IV. Gründung

Zur Gründung einer Genossenschaft waren in der Vergangenheit mindestens sieben Genossen erforderlich (§ 4 GenG); seit der Reform 2006 genügen drei Mitglieder. Die Genossenschaft muß eine Satzung und einen Vorstand haben.

Der Mindestinhalt der Genossenschaftssatzung wird in den §§ 6 und 7 GenG vorgegeben. Die Firma (ihr Name) der Genossenschaft muß dem Gegenstand des Unternehmens (dem Zweck) entlehnt werden und hat den Zusatz “eingetragene Genossenschaft” oder “e.G.” zu enthalten. Der Name von Genossen oder anderen Personen darf in die Firma nicht aufgenommen werden (§ 3 I und II GenG). In der Gründungsversammlung sind Vorstand und Aufsichtsrat zu wählen (§ 9 I GenG). Gleichzeitig muß die Genossenschaft einem Prüfverband beitreten (§ 54 GenG), der sie einer Gründungsprüfung unterzieht (§ 11 II Nr. 4 GenG). Der Vorstand hat die Genossenschaft zur Eintragung in das Genossenschaftsregister anzumelden (§ 11 I) und dabei die in § 11 II – 5 aufgeführten Unterlagen einzureichen und Angaben zu machen. Das Genossenschaftsregister wird bei den zur Führung des Handelsregisters zuständigen Amtsgerichten geführt (§ 10 II GenG). Sind die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt, trägt das Gericht die Genossenschaft in das Genossenschaftsregister ein. Durch die Eintragung erlangt die Genossenschaft die Rechtsfähigkeit und wird damit zur juristischen Person (§ 13 GenG).

V. Organisation und Organe

Die Genossenschaft wird erst durch ihre Organe handlungsfähig. Ähnlich wie bei der Aktiengesellschaft und der Gesellschaft mit beschränkter Haftung oder einem Verein sind drei Organe zwingend vorgeschrieben:

Vorstand
Aufsichtsrat
Generalversammlung bzw. Vertreterversammlung.

Das Genossenschaftsgesetz geht von der intensiven persönlichen Beteiligung der Mitglieder in der Genossenschaft aus. Deshalb wird bestimmt, daß nur Genossen in den Vorstand oder Aufsichtsrat gewählt werden können (§ 9 II GenG).

1. Generalversammlung oder Vertreterversammlung

Die Generalversammlung oder die Vertreterversammlung ist das höchste und für die Willensbildung maßgebliche Organ einer Genossenschaft. In ihm üben die Genossen ihre Rechte durch Beschlußfassung aus (§ 43 GenG). Bei großen Genossenschaften mit mehr als 1.500 Mitgliedern kann das Statut an die Stelle der Generalversammlung eine Vertreterversammlung setzen (§ 43a GenG). Die Vertreter werden von den Genossen in allgemeiner, unmittelbarer, gleicher und geheimer Wahl gewählt. Die Generalversammlung wählt und entlastet den Aufsichtsrat, ändert die Statuten (§ 16 GenG) und befindet über die Entlastung des Vorstandes (§ 48 I 2 GenG) und dessen Bestellung (§ 24 II GenG). Ferner entscheidet sie über die Feststellung des Jahresabschlusses und über die Verwendung des Jahresüberschusses bzw. die Deckung eines Jahresfehlbetrages (§ 48 I 1 und 2 GenG) sowie die Erteilung von Weisungen an den Vorstand (§ 34 IV GenG).

2. Vorstand

Jede Genossenschaft muß einen Vorstand haben (§ 9 I GenG), ohne den sie nicht handlungsfähig ist und ohne den sie auch nicht entstehen kann (§§ 11, 13 GenG). Der Vorstand besteht aus mindestens zwei Mitgliedern; seit der Reform 2006 genügt bei kleinen Genossenschaften ein Vorstandsmitglied. Der Vorstand wird von der Generalversammlung und nicht vom Aufsichtsrat bestellt (§ 24 II GenG), es sei denn die Satzung sieht etwas anderes vor (was regelmäßig der Fall sein wird). Allerdings vertritt der Aufsichtsrat die Genossenschaft gegenüber den Vorständen (§ 39 I GenG). Die Vorstandsbestellung kann jederzeit durch die Generalversammlung widerrufen werden (§ 24 III 2 GenG). Die Mitglieder des Vorstandes haften für die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einer Genossenschaft (§ 34 I GenG).

Der Vorstand leitet die Genossenschaft eigenverantwortlich und vertritt sie gegenüber Dritten gerichtlich wie außergerichtlich (§ 24 I GenG). Die Vorstandstätigkeit kann entgeltlich oder unentgeltlich ausgeübt werden (§ 24 III 1 GenG). Die Geschäftsführungsbefugnis der Vorstandsmitglieder kann durch das Statut beschränkt werden (§ 27 I 2 GenG). Im Zweifel gilt der Grundsatz der Gesamtgeschäftsführung. Einzelne, besonders bedeutsame und unverzichtbare Geschäftsführungspflichten sind ausdrücklich genannt. Der Vorstand ist zur Buchführung und Rechnungslegung verpflichtet (§ 33 I GenG). Er hat am Ende des Geschäftsjahres dem Aufsichtsrat und der Generalversammlung den Jahresabschluß und den Lagebericht vorzulegen (§ 33 I 2 GenG).

Gemäß § 25 I GenG sind die Mitglieder des Vorstandes nur gemeinschaftlich zur Vertretung befugt (echte Gesamtvertretung). Im Statut kann aber auch unechte Gesamtvertretung, z.B. durch ein Vorstandsmitglied und einen Prokuristen oder Einzelvertretung vorgesehen werden (§ 25 II GenG). Im übrigen ist die Vertretungsmacht unbeschränkt und unbeschränkbar (§ 27 II GenG).

Ausgehend von § 34 I 1 GenG müssen Vorstandsmitglieder die Geschäfte mit der Sorgfalt eines gewissenhaften und ordentlichen Kaufmannes führen. Gemäß § 34 II 1 GenG haften sie der Genossenschaft, wenn sie ihre Pflichten verletzen. Ist streitig, ob sie die Geschäfte mit der vorgeschriebenen Sorgfalt geführt haben, trifft sie die Beweislast (§ 34 II 2 GenG). Die Mitglieder sind nach § 34 III GenG namentlich dann zum Schadensersatz verpflichtet, wenn sie

Geschäftsguthaben ausbezahlt haben
Genossen Zinsen oder Gewinnanteile gewährt haben
Genossenschaftsvermögen verteilt wird
Zahlungen geleistet werden, nachdem Zahlungsunfähigkeit der Genossenschaft eingetreten ist
Kredit gewährt wird

2. Die Sorgfalt eines gewissenhaften und ordentlichen Kaufmannes ist eine Haftungsverschärfung gegenüber § 276 BGB, wo nur Vorsatz und Fahrlässigkeit geahndet werden. Die Sorgfaltsverpflichtungen konkretisieren sich in Informationspflichten und Schutzpflichten. Jedes Vorstandsmitglied muß die Genossenschaft über seine Pflichten unterrichten und den Inhalt der wesentlichen Bestimmungen in Gesetz und Satzung kennen (Lang/Weidmüller/Metz/Schaffland, GenG, § 34 Rn. 20). Auf Unkenntnis können sich Vorstandsmitglieder nicht berufen, dann liegt ihr Verschulden im Beibehalten des Amtes.

Zu beachten ist insbesondere, daß Kredite nur unter den Beschränkungen des § 49 GenG vergeben werden dürfen. Hierzu gehören auch Kredite an Tochtergesellschaften der Genossenschaft (Lang/Weidmüller/Metz/Schaffland, GenG, § 49 Rn. 7). Die Beschränkungen sind von der Generalversammlung festzulegen, und zwar zwingend, auch prophylaktisch (Lang/Weidmüller/Metz/Schaffland, GenG, § 49 Rn. 3). Überschreitungen der festgelegten Beschränkungen sind haftungsauslösend (RG JW 1937, 683; KG v. 13.02.1997 –2U 3326/96).

Im Ergebnis verstößt der Vorstand jedenfalls in folgenden Fällen gegen seine Sorgfaltspflichten:

Leichte Fahrlässigkeit (BGH WPM 1975, 467)
Mangelhafte Überwachung einer nicht ordnungsgemäßen Geschäftsführung (RGZ 156, 291)
Verletzung der Pflicht zur wechselseitigen Kontrolle (RGZ 98, 98; RG HRR 1941 Nr. 132)
Nichthereinnahme von Sicherheiten bei Kreditvergabe (BGH Sparkasse 1960, 393; BGH NJW 1980, 1629; BGH DB 1966, 498)
Nichteinholung der durch die Satzung festgeschriebenen Genehmigung durch den Aufsichtsrat (BGH WPM 1962, 101; KG v. 13.07.1997 – 2 U ´3326/96; KG NZG 1998, 189-192)
Entgegennahme unangemessen hoher Vergütung (BGH ZIP 1988, 706)
Kreditgewährung an Vorstandsmitglieder ohne Zustimmung des Aufsichtsrates (§ 39 II GenG)

3. Aufsichtsrat

Der Aufsichtsrat überwacht vor allem den Vorstand und hat deshalb weitreichende Informationsrechte und Anspruch auf Berichterstattung (§ 38 I GenG). Der Aufsichtsrat vertritt die Genossenschaft gegenüber dem Vorstand gerichtlich und außergerichtlich (§ 39 I GenG) und kann Vorstandsmitglieder vorläufig ihren Geschäften entheben (§ 40 GenG). In den Aufsichtsrat einer Genossenschaft sind von der Generalversammlung mindestens drei Mitglieder zu wählen (§ 36 GenG). Seine Stellung und Funktion entsprechen weitgehend derjenigen des Aufsichtsrats einer Aktiengesellschaft.

Das OLG Düsseldorf hat entschieden, daß die Frage, ob der Aufsichtsrat einschreitet oder nicht, in seinem Ermessen stehe. Nur wenn, wie bei einer Ermessensreduzierung auf Null nur ein Einschreiten in Betracht komme, sei eine Verpflichtung zum Einschreiten gegeben (OLG Düsseldorf a.a.O., NJW-RR 95, 1371, 1375 ff, zur Kritik in der Literatur vgl. Raiser NJW 96, 552 ff und Fischer BB 96, 225 ff). Eine Pflichtverletzung der Aufsichtsratsmitglieder, die zur eigenen Haftung oder sogar Strafverfolgung führen kann, kommt auf der Basis dieser Ansicht nur in Betracht, wenn entweder eine Ermessensverdichtung auf Null eingetreten ist oder die angestellte Abwägung unsachgemäß erfolgte. Auf der Basis der Gegenansicht verletzen dagegen die Aufsichtsratsmitglieder ihre haftungs- und strafrechtlichen Pflichten bereits dann, wenn sie gegen den Vorstand bei Feststellung eines Mißstandes nicht einschreiten.

VI. Geschäftsanteil

Das Statut einer Genossenschaft muß den Höchstbetrag ausweisen, bis zu dem sich die einzelnen Genossen mit Einlagen an der Genossenschaft beteiligen können. Diesen Betrag wird als Geschäftsanteil bezeichnet (§ 7 Nr. 1 GenG). Er muß für alle Genossen gleich sein. Auf diesen Geschäftsanteil hat jedes Mitglied eine Pflicht- oder Mindesteinlage von mindestens 10 % zu leisten. Das Statut muß zwingend festlegen, wann die Pflicht- oder Mindesteinlage auf den Geschäftsanteil zu zahlen ist (§ 7 Nr. 1 GenG). Im übrigen legt die Generalversammlung den Betrag und die Zeit weiterer Einzahlungen durch Beschluß fest (§ 50 GenG).

Das Geschäftsguthaben ist der Betrag, mit dem der Genosse in einem bestimmten Zeitpunkt tatsächlich an der Genossenschaft beteiligt ist. Es besteht aus der Summe der auf den Geschäftsanteil entrichteten Einlagen, zu der die zugeschriebenen Gewinne hinzuzurechnen und von der die Verluste abzuziehen sind (§ 19 I 2 GenG).

Bis 2006 sah das Genossenschaftsrecht kein Mindestkapitalausstattung der Genossenschaft vor. Seither kann die Satzung ein Mindestkapital (wie bei der GmbH) einführen, bei dessen Unterschreitung keine Auseinandersetzungsguthaben mehr ausgezahlt werden. Die Mindestkapitalregelung knüpft an einen bestimmten Prozentsatz des Gesamtbetrags der Geschäftsguthaben an, der durch die Auszahlung von Auseinandersetzungsguthaben nicht unterschritten werden darf. Diese Option kann alternativ oder zusätzlich zum Zustimmungsvorbehalt von Vorstand und Aufsichtsrat zur Auszahlung des Auseinandersetzungsguthabens genutzt werden.

VII. Nachschußpflicht

Für die Verbindlichkeiten der Genossenschaft haftet den Gläubigern nur das Vermögen der Genossenschaft (§ 2 GenG), auch wenn ihre Satzung eine Nachschußpflicht der Genossen vorsieht. In der Genossenschaftssatzung ist vorzusehen, ob die Mitglieder in der Insolvenz der Genossenschaft zur Befriedigung der Gläubiger Nachschüsse an die Insolvenzmasse leisten müssen (§ 6 Nr. 3 GenG). Die Regelungen über die Nachschußpflicht sind für die Kreditwürdigkeit der Genossenschaften bedeutsam.

VIII. Mitwirkungsrechte der Genossenschaftsmitglieder

Das Rechtsverhältnis der Genossen zur Genossenschaft richtet sich zunächst nach dem Statut (§ 18 GenG). Dabei steht die Teilhabe an den gemeinschaftlichen Einrichtungen der Genossenschaft im Vordergrund. Daneben haben die Genossen Mitverwaltungsrechte, die sie in erster Linie durch Stimmabgabe in der Generalversammlung ausüben (§ 43 GenG). Jeder Genosse hat grundsätzlich eine Stimme, die Mehrheit errechnet sich also nach Köpfen. Allerdings kann das Statut in sehr beschränktem Umfang auch Mehrstimmrechte vorsehen (§ 43 III 2 GenG). Keinem Genossen dürfen aber mehr als drei Stimmen eingeräumt werden (§ 43 III Satz 5 GenG).

IX. Genossenschaftliche Prüfungsverbände

Die genossenschaftlichen Prüfverbände verstehen ihre Tätigkeit als Betreuung. Ihre gesetzlich vorgeschriebene Prüfungstätigkeit soll sowohl dem Schutz der Genossenschaftsmitglieder als auch dem Gläubigerschutz dienen.

Die Genossenschaften unterliegen einer regelmäßigen Pflichtprüfung durch den Prüfungsverband, dem sie angehören (§ 55 I GenG). Jede Genossenschaft muß zwingend einem zugelassenen Prüfverband angehören (§ 54 I GenG). Der Wechsel des Verbandes ist zulässig (§ 54 a GenG). Die genossenschaftliche Prüfungsverbände sollen die Rechtsform eines eingetragenen Vereins haben (§ 63 b I GenG). Ihnen muß die Prüfungsbefugnis durch die zuständige Landesbehörde verliehen werden (§§ 63 und 63a GenG). Mitglieder in den genossenschaftlichen Prüfungsverbänden können nur eingetragene Genossenschaften und von ihnen beherrschte Handelsgesellschaften sein (§ 63 b II GenG).

Die Tätigkeit der Prüfungsverbände beschränkt sich nicht auf die Vorschriftsmäßigkeit der Rechnungslegung. Ziel und Zweck der genossenschaftlichen Pflichtprüfung ist die Feststellung der wirtschaftlichen Verhältnisse und der Ordnungsmäßigkeit der Geschäftsführung (Hettrich/Pöhlmann, GenG, § 53 Rn. 2). Dazu ist der gesamte Geschäftsbetrieb, die Vermögenslage sowie die Geschäftsführung der Genossenschaften mindestens in jedem zweiten Geschäftsjahr zu prüfen (§ 53 I 1 GenG). Für große Genossenschaften ist die jährliche Prüfung vorgeschrieben (§ 53 I 2). Auch die Zweckmäßigkeit und Effizienz der Vorstandstätigkeit in einer Genossenschaft ist damit Gegenstand der Prüfung und Kontrolle durch den genossenschaftlichen Prüfungsverband. Das dient der Unterstützung und zugleich Überwachung der häufig nicht sehr geschäftserfahrenen Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder aus dem Kreise der Genossen.

X. Mitgliederwechsel und Kündigung

Die Mitgliedschaft in einer Genossenschaft endet geht mit dem Tod auf die Erben über (§ 77 GenG); allerdings sieht das Gesetz vor, dass die Erben zum Ende des Geschäftsjahres ausscheiden, in dem das Mitglied verstorben ist. Sie endet ferner mit dem Austritt (§§ 65 ff. GenG) und dem Ausschluß des Genossen (§ 68 GenG). Sie ist also grundsätzlich nicht übertragbar, aber durchaus vererblich (§§ 76 f. GenG); jedenfalls kann die Satzung vorsehen, dass die Mitgliedschaft mit den Erben forgesetzt wird (§ 76 II GenG). Nach § 65 GenG kann ein Genosse seinen Austritt aus einer Genossenschaft erklären (Kündigung). Er hat dann nur Anspruch auf Auszahlung seines Geschäftsguthabens innerhalb von sechs Monaten nach Ablauf der Kündigungsfrist und damit nach seinem Ausscheiden (§ 73 II GenG). Ein Anteil an den Rücklagen oder an dem sonstigen Vermögen der Genossenschaft steht dem Ausscheidenden nur dann zu, wenn das im Statut der Genossenschaft vorgesehen ist (§ 73 II und III GenG). Der ausscheidende Genosse erhält also nur den Nominalwert seines Geschäftsguthabens und soll nach der gesetzlichen Regelung nicht am Wertzuwachs partizipieren.

Seit der Reform 2006 kann die Satzung die Voraussetzungen, die Modalitäten und die Frist für die Auszahlung des Auseinandersetzungsguthabens abweichend von § 73 Absatz 2 Satz 2 GenG regeln; eine Bestimmung, nach der über Voraussetzungen oder Zeitpunkt der Auszahlung ausschließlich der Vorstand zu entscheiden hat, ist jedoch unwirksam.

XI. Auflösung der Genossenschaft

Die eingetragene Genossenschaft wird beendet, in dem sie aufgelöst und liquidiert wird (§§ 78 ff. GenG). Die Generalversammlung kann die Auflösung jederzeit mit 3/4-Mehrheit beschließen. Sie hat auf Beschluß des Registergerichts von Amts wegen zu erfolgen, sobald die Zahl der Genossen unter die Mindestzahl von sieben Genossen sinkt (§ 80 GenG). Auch wird die Genossenschaft aufgelöst, wenn über ihr Vermögen das Insolvenzverfahrens eröfnet wird (§ 101 GenG). Nach der Auflösung ist die Genossenschaft von den Vorstandsmitgliedern als Liquidatoren zu liquidieren (§ 83 GenG). Die Liquidatoren beenden die laufenden Geschäfte, erfüllen die Verpflichtungen der aufgelösten Genossenschaft, ziehen ihre Forderungen ein und setzen ihr Vermögen in Geld um. Zur Beendigung schwebender Geschäfte können sie auch neue Geschäfte eingehen (§ 88 GenG).

Die Gefahr einer Zwangsauflösung ist vorhersehbar. Da die Mitgliedschaft in der Genossenschaft regelmäßig erst zum Ende eines Geschäftsjahres endet, kann Vorsorge getroffen werden. Die Amtsauflösung wird erst nach sechs Monaten betrieben und kann noch im Beschwerdeverfahren durch Gewinnung neuer Mitglieder gehemmt werden.

XII. Schlußbetrachtung

Die eingetragene Genossenschaft ist eine einfache und handhabbare Gesellschaftsform. Die Gründung wird durch fehlende Mindestkapitalvorschriften erleichtert. Sollte später einmal der bedarf entstehen, die Genossenschaft in eine Kapitalgesellschaft umzuwandeln, so besteht diese Möglichkeit. Die Eigentümlichkeiten der Genossenschaften bieten spezifische Vorteile die andere Gesellschaften nicht aufweisen. Hervorzuheben sind:

der Bestand der Genossenschaft ist nicht gefährdet, wenn einzelne Gesellschafter sich zurückziehen
es herrscht nicht das Kapital
es bestehen keine Mindestkapitalvorschriften
Rückvergütungsmöglichkeiten

Andererseits bietet die Genossenschaft:

Haftungssicherheit
Status einer Gesellschaft
Begleitung durch den Prüfverband

Die Genossenschaft eignet sich mithin als Rechtsform vor allem für junge innovative Unternehmen mit wenig Eigenkapital, aber auch auch zur risikofreien Ansammlung von Kapital zum Zwecke der Bewältigung gemeinsamer Aufgaben oder Investititionen, wenn in ausreichendem Maße Eigenverantwortung und –initiative vorhanden sind. Immer sollte der Grundgedanke der Genossenschaft nicht aus den Augen verloren werden. Es handelt sich um den Typus Gesellschaft, der von der Solidarität lebt und aus der Solidarität für die Gemeinschaft Nutzen bringt. Letzterer kann erheblich sein.

XIII. Ergänzende Informationen

Die Reform aus dem Jahre 2006 hat einige Neuerungen mit sich gebracht. Die alten Satzungen bleiben aber erhalten. Wo sie gegen geltendes Recht verstoßen gilt schlicht das Gesetz. Allein das Transparenzgebot spricht dafür, dass bestehende Genossenschaften ihre Satzungen ausdrücklich an das geltende Recht anpassen.

Für weitere Informationen stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.

Kanzlei Dr. Hök, Stieglmeier & Kollegen
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