I. Grundlagen

In Zeiten sich verschärfenden Wettbewerbs im Handel und bei den Dienstleistungen gewinnt der mietvertragliche Konkurrenzschutz zunehmend an Bedeutung. Insoweit herrscht oftmals Streit und Unkenntnis über Reichweite und Grenzen des vertragsimmanenten und vertraglich geregelten Wettbewerbsschutzes. Die Rechtsprechung selbst hat hierzu beigetragen, in dem sie vom gesetzlichen Leitbild abgewichen ist. Zwar führt der BGH selbst aus, er habe die vom Reichsgericht begonnene Rechtsprechung fortgesetzt, wonach der Vermieter gewerblich zu nutzender Räume auch ohne Bestehen einer vertraglichen Regelung die Pflicht habe, den Mieter gegen Konkurrenz im selben Hause zu schützen (vgl. BGH Urteile vom 26. Januar 1955 = LM BGB § 536 Nr. 2; vom 8. Januar 1957 = LM BGB § 536 Nr. 3; vom 26. Januar 1960 = LM BGB § 536 Nr. 5 und vom 22. März 1961 = LM BGB § 536 Nr. 6; vgl. ferner OLG Celle Urteil vom 26. September 1963 = MDR 1964, 59; OLG Frankfurt Urteil vom 3. April 1968 = Betrieb 1970, 46, das der BGH dadurch gebilligt hat, daß er die Revision durch Beschluß vom 15. August 1968 ohne mündliche Verhandlung zurückgewiesen hat; OLG Karlsruhe Urteil vom 5. Juli 1972 = NJW 1972, 2224). Diese Rechtsprechung beruhe auf der Erwägung, daß es bei der Vermietung von Räumen zum Betriebe eines bestimmten Geschäfts zur Gewährung des vertragsmäßigen Gebrauchs gehört, in anderen Räumen des Hauses oder auf unmittelbar angrenzenden Grundstücken des Vermieters kein Konkurrenzunternehmen zuzulassen. Unumstritten wie dieser Grundsatz selbst sei seine Eingrenzung in der Weise, daß der Vermieter nicht gehalten ist, dem Mieter jeden fühlbaren oder unliebsamen Wettbewerb fernzuhalten, daß vielmehr nach den Umständen des einzelnen Falles abzuwägen ist, inwieweit nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Belange der Parteien die Fernhaltung von Konkurrenz geboten ist (BGH Urteil vom 26. Januar 1955 aaO. und alle übrigen oben zitierten Entscheidungen).

Historisch ist diese Auffassung nicht richtig. Sie ist auch mit §§ 535, 536 BGB nicht vereinbar. Das Reichsgericht hat sich zu der einschlägigen Frage in RGZ 131, 274 geäußert. Zugrunde lag der Fall eines Beklagten, der Eigentümer zweier Nachbarhäuser war. Der Kläger war seit 1921 Mieter in einem der Häuser, in dem er ein Juweliergeschäft betrieb. Seit 1929 vermietete der Beklagte in dem anderen Haus ein Geschäft an einen anderen Juwelier. Der Kläger nahm den Beklagten auf Unterlassung in Anspruch. Das Reichsgericht führte aus, es entspreche nicht seiner Rechtsprechung (vgl. RG LZ 1914, Sp. 1028; RG Urt. vom 19.01.1906 III 372/05), daß die Verbindlichkeit, den vertragsgemäßen Gebrauch zu gewähren, schlechthin die Pflicht einschließe, dem Geschäftsmieter fühlbaren Wettbewerb fernzuhalten, und zwar nicht nur im gleichen Hause, sondern grundsätzlich insoweit als der Vermieter hierzu in der Lage sei. Überhaupt sei auszusprechen, daß gerade beim bloßen Gebrauchsüberlassungsvertrag den Vermieter keine Fürsorgepflicht zur Förderung oder Wahrung des vom Geschäftsmieter erwarteten Ertrages trifft, soweit nur die Möglichkeit gegeben ist und bleibt, die Geschäftsräume gemäß dem Vertragszweck zu nutzen. Die weitgehende Verpflichtung zum Schutze gegen Wettbewerb ergebe sich nicht ohne weiteres aus der gesetzlichen Pflicht, den Gebrauch der Mietsache zu gewähren. Eine solche Verbindlichkeit könne sich nur aus der besonderen Lage des Falles unter Berücksichtigung des § 242 BGB, aber auch der §§ 133, 157 BGB begründen. Die Würdigung der nach den §§ 133, 157 BGB bestimmenden Verhältnissen dürfe aber nicht nur die Belange des Geschäftsmieters ins Auge fassen, sondern werde auch berücksichtigen müssen, daß der Hauseigentümer in einer von Spezialgeschäften bevorzugten Straße bei der Ausnutzung des Eigentums empfindliche Einbußen erleiden würde, wenn er gerade Personen des besonderen Gewerbezweiges als Mieter ausschließen müßte. Die Verallgemeinerung der Rechtsprechung aus dem 119. Band (RGZ 119, 353) verbiete sich. Dort stand der Vermieter als Rechtsnachfolger einem Mieter gegenüber, dem der Gebrauch eines Ladens zum Betrieb eines Zigarrenfachgeschäftes im Vertrag auf 25 Jahre zugesichert war, und zwar unter gleichzeitiger ausdrücklicher Verpflichtung des Vermieters, kein weiteres Zigarrenfachgeschäft in dem zu errichtenden Mietgebäude zu dulden. Der Rechtsnachfolger hatte dann unmittelbar vor der Eingangstür des vom Kläger gemieteten Ladens auf einem ihm gleichfalls gehörenden Grundstück den Anbau eines Verkaufshäuschens zugelassen, in dem auch Zigarren verkauft wurden und das außerdem die Aussicht auf den Laden des Mieters verdeckte. Dies verstieß nach Auffassung des RG gegen Treu und Glauben.

II. AGB-Klauseln

Es erhellt, daß nicht jeder angebliche Umsatzrückgang beim Mieter in den Schutzbereich des jeweils streitgegenständlichen Mietvertrages fällt. Geringfügige Sortimentsüberschneidung rechtfertigen nicht ohne weiteres eine außerordentliche Kündigung. Auch in neuerer Zeit ist anerkannt, daß geringfügige Sortimentsüberschneidungen keinen Anspruch gegen den Vermieter auslösen, den Mieter vor Konkurrenz im Hause zu schützen (vgl. Palandt/Putzo, BGB, § 535 Rn. 18). Demgemäß sind auch AGB-Klauseln unbedenklich, die Konkurrenzschutz ausschließen oder einschränken. Der formularmäßige Ausschuß jeglicher Konkurrenzschutzpflichten stellt sich zwar aus heutiger Sicht als Abweichung von der gesetzlichen Regelung der 535 Satz 1, 536 BGB dar, was –es sei wiederholt- nicht im Einklang mit der ursprünglichen Rechtsprechung des RG steht, auf die sich der BGH beruft. Diese Abweichung ist jedoch mit den wesentlichen Grundgedanken der 535 Satz 1 und 536 BGB zu vereinbaren. Eine Unvereinbarkeit läge nur dann vor, wenn die Ausschlußklausel eine Abkehr vom Ordnungs- und Leitbild der 535 Satz 1, 536 BGB enthalten würde, die für den Mieter Nachteile von Gewicht zur Folge hätte und wenn die Pflicht, Konkurrenzschutz zu gewähren, nicht nur auf Zweckmäßigkeitserwägungen, sondern auf einem Gebot der Gerechtigkeit beruhen würde (vgl. BGHZ 41, S. 151 (154); BGHZ 62, 83 ff.; OLG Hamm, Der Betrieb, 1981, S. 1227 f; Kötz in Münchener Kommentar, BGB, § 9 AGB-Gesetz, Rdn. 13). Hier kehrt ein Teil der ursprünglichen judikativen Zurückhaltung zurück.

III. Umfang des Konkurrenzschutzes

1. Der gesetzliche Konkurrenzschutz und der vertragliche stehen nebeneinander. Während der Vermieter gewerblich zu nutzender Räume nach ständiger Rechtsprechung vgl. BGH Urteile vom 26. Januar 1955 = LM BGB § 536 Nr. 2; vom 8. Januar 1957 = LM BGB § 536 Nr. 3; vom 26. Januar 1960 = LM BGB § 536 Nr. 5 und vom 22. März 1961 = LM BGB § 536 Nr. 6; vgl. ferner OLG Celle Urteil vom 26. September 1963 = MDR 1964, 59; OLG Frankfurt Urteil vom 3. April 1968 = Betrieb 1970, 46) auch ohne Bestehen einer vertraglichen Regelung die Pflicht hat, den Mieter gegen Konkurrenz im selben Hause zu schüzen, schaffen Konkurrenzschutzklauseln neue Gefahren. Sie sind der Auslegung zugänglich und damit sehr sorgsam abzufassen.

Der BGH (Entscheidung vom 03.07.1985, Az: VIII ZR 128/84) hat in der Vergangenheit bestätigt, daß Konkurrenzschutzklauseln auslegungsfähig sind. Er führte aus: Nicht zu beanstanden sei die Befugnis der Mietvertragsparteien, einen völligen Konkurrenzschutz zu vereinbaren, der auch Nebenartikel eines branchenfremden Geschäfts erfaßt, folge aus der Vertragsfreiheit. Darum könne für die Frage, ob aufgrund vertraglicher Vereinbarung Konkurrenzschutz zu gewähren sei, nicht generell darauf abgestellt werden, ob sich das Warenangebot in Haupt- oder Nebenartikel überschneide, wie es beim vertragsimmanenten Konkurrenzschutz nach § 536 BGB der Fall sei. Vielmehr sei die Frage, ob sich die Konkurrenzklausel auch auf Nebenartikel beziehe, den Umständen des jeweiligen Einzelfalles zu entnehmen (so zwar nicht ausdrücklich, aber im Ausgangspunkt BGH vom 16. September 1981 — VIII ZR 161/80 = WPM 1981, 1224; vom 9. Oktober 1974 — VIII ZR 113/ 72 = WPM 1974, 1182 = NJW 1974, 2317; vom 24. April 1968 — VIII ZR 120/67 = LM BGB 536 Nr. 11/12 = WPM 1968, 699).

2. Ergibt die Auslegung der getroffenen Konkurrenzschutzklausel, daß der Konkurrenzschutz Nebenartikel nicht erfaßt, kommt es darauf an, ob das jeweilige Sortiment als Neben- oder Hauptartikel zu beurteilen ist. Bei der Abgrenzung ist darauf abzustellen, daß als Hauptartikel diejenige Ware gilt, die den Stil des Geschäfts bestimmt und diesem das ihm eigentümliche Gepräge gibt (BGH vom 8. Januar 1957 — VIII ZR 225/56 = LM BGB § 536 Nr. 3 Bl. 2; vom 24. April 1968 — VIII ZR 120/67 = LM BGB § 536 Nr. 11/12 Abschn. II 3 a = WPM 1968, 699). Für einen Baumarkt, der ein weitgefächertes Warensortiment anbietet, trifft das dann zu, wenn die Waren – wie im entschiedenen Fall die Fliesen — in einer Vielfalt, Auswahlmöglichkeit, Geschlossenheit und Übersichtlichkeit dargeboten werden, die dem Angebot eines Fachgeschäftes entsprechen, weil der Zweck und das Gepräge des Geschäfts von Waren dieser Art zumindest mitbestimmt wird (BGH vom 03.07.1985, Az: VIII ZR 128/84).

3. Insbesondere in Einkaufszentren muß sich der Vermieter orientieren lernen. Hier stoßen diverse Interessen aufeinander. Während die anzuwendende Rechtsprechung in innerstädtischen Bereichen gewachsen ist, wo die Interessenlage in kleineren Einheiten ausschlaggebend ist, werfen sog. Einkaufszentren Probleme auf, denen sich die Rechtsprechung noch nicht in der gebotenen Intensität angenommen hat. In Einkaufszentren muß der Vermieter eine ungleich größere Anzahl von Mietern koordinieren als in innerstädtischen Einzellagen. Die Mieterschaft ist heterogen. Die Sortimente und Vertriebskonzepte wandeln sich. Wenigen Großmietern sind eine Reihe kleinerer und mittelständischer Einzelhändler benachbart, die ihre Existenz gerade auf die großen “Magneten” aufbauen. Andererseits fürchten letztere Sortimentserweiterungen und Umstellungen der “Großen”. Der Vermieter seinerseits ist an Vollvermietung interessiert. Dabei spielt die Marktmacht der “Großen” eine große Rolle. Ihnen kann der Vermieter kaum Vorschriften machen. Er kann lediglich bei den kleineren Mietern ansetzen. Eine durchsetzbare und “vermietbare” Regelungsstruktur ist zu finden. Sie wird regelmäßig die “Großen” privilegieren. Die “Kleinen” können nur untereinander geschützt werden. Von diesem Ausgangspunkt aus kann nur ein Prioritätsprinzip die Interessen ordnen. Der BGH hat zum Schutze von Nebensortimenten vorgeschlagen, zu vereinbaren:

Der Vermieter verpflichtet sich, während der Mietdauer Verkaufsflächen nicht an ein Unternehmen zu vermieten, das den Vertrieb von Waren zum Gegenstand hat, die vom Mieter geführt werden.

Diese Klausel schafft nach dem Prioritätsprinzip einen “offenen” Sortimentsschutz. Dem Mieter bleibt es nach dieser Klausel vorbehalten, sein Sortiment zu ändern und zu erweitern. Für den Vermieter schafft die Klausel deshalb keine Planungssicherheit. Die Einführung des eingeschränkten Prioritätsprinzips mit additivem Fachsortimentsschutz würde mehr Sicherheit bieten. Dies bedeutet, daß der Vermieter keinen echten Sortimentsschutz gewährt, sondern folgende Regel anwendet:

1. Wettbewerbsschutz in Form eines Sortimentsschutzes wird grundsätzlich ausgeschlossen.
2. Fachgeschäfte werden insoweit privilegiert, daß der Vermieter sich verpflichten kann, an kein weiteres Fachgeschäft derselben Fachrichtung zu vermieten.
3. Das Fachgeschäft erkennt den Prioritätsgrundsatz an und verzichtet auf Konkurrenzschutz gegenüber Mietern, die zeitlich vorrangig angemietet haben.

Voraussetzung dieses Modells ist, daß die für die großen Ketten vorbehaltenen Flächen zeitlich vorrangig vermietet werden. Ist dies nicht der Fall oder ändert sich die Mieterstruktur in absehbarer Zeit nachhaltig, dann müssen Sortimentsvorbehalte oder generalklauselartige Umschreibungen helfen. Zu denken ist an folgende Formulierung:

Der Vermieter behält sich vor, einen Großmarkt mit dem Kernsortiment …………. nebst handelsüblichen Nebensortimenten aufzunehmen. Insoweit ist Konkurrenzschutz ausgeschlossen.

IV. Folgen der Verletzung

Gewährt der Vermieter den vertragsimmanenten oder vereinbarten Konkurrenzschutz nicht, kann der Mieter nach Abmahnung den Mietvertrag außerordentlich kündigen, Unterlassung oder Beseitigung begehren bzw. Schadensersatz in Geld verlangen. Nicht immer allerdings werden die dafür zuständigen ordentlichen Gerichte in der Lage sein, die vielfältigen Interessen in Einkaufszentren aufzuklären und ihnen gerecht zu werden. Deshalb kann es sich anbieten, für den Streit um den Konkurrenzschutz eine Schiedsklausel einzuführen. Sie kann in die Allgemeinen Geschäftsbedingungen aufgenommen werden (Lachmann, Handbuch für die Schiedsgerichtspraxis, Rn. 140), auf die formal Bezug zu nehmen sein wird, wenn sie nicht ohnehin in der Vertragsurkunde enthalten sind. Der Schutz vor unangemessener Benachteiligung (§ 9 AGBG) dürfte nur selten durchgreifen und kann durch eine gesonderte Vereinbarung ohnehin ausgeschlossen werden.

V. Weitere Auskünfte

Der Beitrag kann nur einen Einblick in die Probleme geben und eine Einzelfallberatung nicht ersetzen. Die vorstehend entwickelte Regel kann Risiken vermeiden, aber sie nicht endgültig ausschließen. Für weitere Auskünfte stehen wir gerne zur Verfügung.

Für weitere Informationen stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.