Im Ausgangsfall hatte der belgische Besteller dem belgischen Subunternehmer Zahlungen in Höhe von 300.000 € auf Rechnung der in Insolvenz gefallenen deutschen Generalunternehmerin geleistet. Der Insolvenzverwalter verlangt im Rahmen einer Insolvenzanfechtung die Rückzahlung der 300.000 €. Dagegen verteidigt sich die Subunternehmerin unter Berufung auf das belgische Recht. Der Fall kommt vor den Bundesgerichtshof, der einen Direktanspruch des belgischen Subunternehmers auf Zahlung ablehnt.

Das Rechtsverhältnis zwischen Unternehmer und Subunternehmer unterlag qua Vereinbarung dem deutschen Recht. Wie der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung bestätigt, besteht nach deutschem Recht kein Anspruch eines Subunternehmers darauf, dass seine gegen den Unternehmer bestehende Forderung durch den Hauptauftraggeber erfüllt wird.

Da sich das Rechtsverhältnis zwischen dem Unternehmer und dem Subunternehmer nach deutschem Recht richtet, kann nach Auffassung des Bundesgerichtshofes ein Anspruch des Subunternehmers auf Zahlung durch die Hauptauftraggeber nicht aus Art. 1798 des belgischen Zivilgesetzbuchs abgeleitet werden. Diese Norm erweitert die vertraglichen Rechte des Subunternehmers gegen seinen Auftraggeber um das Recht, seinen Vergütungsanspruch bis zur Höhe des Betrags, den der Hauptauftraggeber seinem Auftragnehmer schuldet, unmittelbar gegen den Hauptauftraggeber geltend zu machen. Es handelt sich dabei aus Sicht des Bundesgerichtshofes um eine gesetzlich bestimmte, akzessorische Sicherheit zur Forderung des Subunternehmers gegen seinen Auftraggeber, die in ihrer Auswirkung einem Pfändungs- und Überweisungsbeschluss nach §§ 829, 835 ZPO vergleichbar ist (vgl. zur ähnlichen action directe des französischen Rechts nach Art. 12 des Gesetzes Nr. 75-1334 über den Subunternehmervertrag vom 31. Dezember 1975: Sajonz, Der Schutz des Subunternehmers bei Insolvenz des Hauptunternehmers nach französischem, schweizerischem und deutschem Recht, S. 113 f; Scherzer, Die Sicherung von Forderungen der am Bau Tätigen aus rechtsvergleichender Sicht, S. 157 f; Hök, Handbuch des internationalen und ausländischen Baurechts, 2. Aufl., Kap. 10, § 36 Rn. 100).

Dieser (belgische) Direktanspruch hat seine Grundlage nicht im Hauptauftragsverhältnis. Er betrifft vielmehr die Rechte des Subunternehmers aus dem Subunternehmervertrag und besteht deshalb nur dann, wenn die durch den Direktanspruch geschützte Forderung – mithin der Subunternehmervertrag – dem Recht unterliegt, das den Direktanspruch vorsieht (Hök, Handbuch des internationalen und ausländischen Baurechts, 2. Aufl., Kap. 3 § 14 Rn. 12; Jayme in Festschrift Pleyer, 1986, S. 371, 378; Jayme in IPRax 1985, 372, 373). Ob darüber hinaus erforderlich ist, dass auch das Hauptauftragsverhältnis dem Recht unterliegt, das dem Subunternehmer einen Direktanspruch gegen den Besteller gewährt (vgl. dazu Hök, Handbuch des internationalen und ausländischen Baurechts, 2. Aufl., Kap. 3 § 14 Rn. 13; Jayme in Festschrift Pleyer, 1986, S. 371, 379; Reithmann/Martiny, Internationales Vertragsrecht, 7. Aufl., Rn. 1082; MünchKomm-BGB/Martiny, 4. Aufl., Art. 28 EGBGB Rn. 192), kann nach Auffassung des Bundesgerichtshofes dahinstehen. Im Streitfall konnte sich der Subunternehmer schon deshalb nicht auf Art. 1798 des belgischen Zivilgesetzbuchs berufen, weil auf den Subunternehmervertrag nach der von den Beteiligten getroffenen Rechtswahl deutsches Recht anzuwenden war.

Nach Auffassung des Bundesgerichtshofes kommt es auch nicht in Betracht, Art. 1798 des belgischen Zivilgesetzbuchs trotz des vereinbarten deutschen Vertragsstatus mit der Begründung anzuwenden, es handele sich um international zwingendes ausländisches Recht. Ob und unter welchen Voraussetzungen ausländische Eingriffsnormen anzuwenden sind, war zum hier maßgeblichen Zeitpunkt gesetzlich nicht geregelt. Art. 34 EGBGB betraf lediglich die Anwendung zwingender Normen des deutschen Rechts. Die Regelung des Art. 7 Abs. 1 des Übereinkommens von Rom über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht vom 19. Juni 1980 (ABl. EG 1980 L 266 S. 1 ff – EVÜ) über die Anwendbarkeit zwingender ausländischer Bestimmungen wurde vom deutschen Gesetzgeber bewusst nicht in das Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch übernommen (BT-Drucks. 10/504, S. 83, 100, 106; BT-Drucks. 10/5632, S. 45; Staudinger/Magnus, BGB, 2002, § 34 EGBGB Rn. 5 f). Inwieweit ausländische Eingriffsnormen gleichwohl anzuwenden sind (vgl. dazu Staudinger/Magnus, aaO. Rn. 110 ff; Bamberger/Roth/Spickhoff, BGB, 2. Aufl., Art. 34 EGBGB Rn. 24 ff), braucht hier nicht entschieden zu werden. Denn es handelt sich aus Sicht des Bundesgerichtshofes bei Art. 1798 des belgischen Zivilgesetzbuchs nicht um eine Eingriffsnorm, die ungeachtet des maßgeblichen Vertragsstatuts internationale Geltung beanspruchen könnte.

Aus Sicht des Bundesgerichtshofes dient der Direktanspruch des Subunternehmers gegen den Hauptauftraggeber in erster Linie dem Individualinteresse des Subunternehmers und hat keine überragende Bedeutung für die Wahrung des öffentlichen Interesses des belgischen Staates, weder im Blick auf seine politische noch auf seine soziale oder wirtschaftliche Organisation (vgl. dazu Art. 9 Abs. 1 der im Streitfall noch nicht anwendbaren Rom I – Verordnung; BGH, Urteil vom 17. November 1994 – III ZR 70/93, BGHZ 128, 41, 52 mwN; Staudinger/Magnus, aaO Rn. 113).

Die französische Cour de Cassation hat das anders gesehen (Cour de Cass. IBR 2008, 428 – Hök, Cour de Cassation IBR 2007, 1262 – Hök). Sie hat mehrfach entschieden, dass Art. 12 des Gesetzes Nr. 75-1334 über den Subunternehmervertrag vom 31. Dezember 1975 dem Schutz öffentlicher Interessen dient und sich gegen das ausländische Vertragsstatut durchsetzt, wenn sich das Bauvorhaben in Frankreich befindet.

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