Seit dem 01.01.2004 ist in Frankreich ein neues Besteuerungssystem der Mehrerlöseinnahmen (Veräußerungsgewinne = plus value) aus dem Verkauf einer Immobilie anwendbar. In diesem Rahmen ist für die ab 01.03.2004 abgeschlossenen Verträge ein neuer Mechanismus der steuerrechtlichen Vertretung eingeführt worden.

Unter Vorbehalt der in diesem Bereich abgeschlossenen internationalen Verträge wird natürlichen und juristischen Personen, die nicht in Frankreich ansässig sind, sowie Organisationen, deren Sitz sich im Ausland befindet, eine Steuer i.H.v. 16 % auf die in Frankreich erzielten Mehrerlöseinnahmen aus dem Verkauf einer Immobilie, aus Liegenschaftsrechten oder aus Aktien oder Geschäftsanteilen auferlegt (Art. 244 bis A CG I[i]).

Der Steuersatz beträgt seit dem 1. Januar 2005 für Steuerinländer sowie für Steuerausländer aus dem Bereich der EU stets 16 %. Seit dem 1. Januar 2005 kommen ggf. Sozialabgaben (prélèvements sociaux) hinzu, so dass sich die Belastung durch Steuern und Abgaben für Steuerinländer auf 26,3 % beläuft. Steuerausländer werden allerdings nicht zu den Sozialabgaben herangezogen (Lamy, Droit Immobilier, Rn. 6390).

1. Betroffen von dieser neuen Regelung sind:

  • natürliche und juristische Personen, die nicht in Frankreich ansässig sind,
  • Gesellschafter – in Frankreich ansässig oder nicht – einer Personengesellschaft, die nicht in Frankreich ansässig ist.

2. die steuerpflichtigen Güter sind:

  • Grundstücke oder Rechte in Bezug auf ein Grundstück,
    nicht notierte Wertpapiere von Gesellschaften, deren Kapital überwiegend aus Immobilien oder Liegenschaftsrechten besteht.

Für die Steuerveranlagung müssen die steuerpflichtigen Personen einen akkreditierten Vertreter beauftragen, der sie bei den französischen Finanzbehörden vertritt. Die Pflicht zur Beauftragung eines Steuervertreters betrifft alle Arten von Veräußerungen, die unter den Anwendungsbereich des Art. 244 A bis CGI fallen.

Dieser Vertreter kann

  • der Käufer der Immobilie sein, wenn er seinen Steuerwohnsitz in Frankreich hat, oder
  • Banken oder Finanzinstitute, die ihre Aktivitäten in Frankreich ausüben, oder
  • Personen, die zu diesem Zweck von den Finanzbehörden zugelassen werden.

Notare oder Rechtsanwälte können keine Steuervertreter sein. Der Vertreter muss einige Vorrausetzungen erfüllen wie z.B. Sittlichkeit, Zahlungsfähigkeit, da er für die nachträglichen Konsequenzen einer Steuerkontrolle haften kann. Häufig werden Banken als Steuervertreter eingesetzt.

Der Antrag auf Ernennung eines Steuervertreters wird von dem Steuerpflichtigen bei den territorial zuständigen Finanzbehörden eingereicht und dort bearbeitet.

Für Paris und die Region Ile-de-France ist nur die folgende Behörde

zuständig:

Direction Spécialisée des Impôts, 25, place de la Madeleine – 75380 PARIS CEDEX 08

 

Einige Institute haben eine ständige Zulassung/Akkreditierung:

  • – Accréditéco – 1, rue Thérèse – 75001 PARIS – tél : 00 33 1 42 44 12 50 ;
  • – Sarf Azur – 455, Promenade des Anglais – Aéropôle – Arénas- 06200 NICE – tél : 00 33 4 93 21 14 15 ;
  • – Sarf Grand Est – 16, quai Kléber – 67000 STRASBOURG – tél : 00 33 3 88 22 22 11 ;
  • – Sarf Mont-Blanc – International Business Park – Europa 1 – 74160 ARCHAMPS – tél : 00 33 4 50 82 00 22 ;
  • – Sarf Provence – 14 A, Boulevard Mirabeau – 13210 SAINT REMY DE PROVENCE – tél : 00 33 4 90 92 19 19 ;
  • – Société Accréditée de Représentation Fiscale – 2, rue des Petits Pères – 75002 PARIS – tél : 00 33 1 42 86 00 18 ;
  • – Société Financière Accréditée – 41, Avenue Montaigne – 75008 PARIS – tél : 00 33 1 47 23 82 82 ;
  • – Société Financière Accréditée – Bureau de Nice – 3, Avenue Baquis – 06000 NICE – tél : 00 33 4 93 82 32 53

Gewisse Vorgänge sind generell steuerbefreit.

Die Steuerbefreiung wird automatisch von der Finanzbehörde erteilt, wenn die Veräußerung eine der folgenden Vorraussetzungen erfüllt.

  • Objekte die länger als 15 Jahre im Eigentum stehen
  • Objekte, für die eine Erklärung “d´utilité publique“ für die Zwecke der Enteignung vorliegt (Art. 150 U II-3 CGI)
  • Objekte die getauscht werden
  • Objekte, die gegen einen Preis von bis zu 15.000 EUR veräußert werden (Art. 150 U II-6 CGI)
    Veräußerungserlöse, die von bestimmten Pensionsempfängern oder Inhabern eines Invalidenausweises erzielt werden
  • Objekte, die einen französischen Wohnsitz darstellen, vorausgesetzt der Eigentümer hat  zuvor mindestens zwei Jahre in Frankreich gewohnt und das Gebäude steht mindestens seit Beginn des Jahres, in dem es veräußert wird, zur freien Verfügung des Eigentümers.

1. Veräußerungen, deren Preis niedriger oder gleich 15.000,00 € ist.

Diese Schwelle wird vom Verkäufer bewertet, da die Besteuerung der Mehrerlöseinnahmen eine persönliche Steuer darstellt.

Im Falle von Miteigentum wird die Schwelle in Bezug auf den Anteil jedes Miteigentümers bewertet. Die Mehrwerteinnahmen sind persönlich und bestimmt für jeden Miteigentümer im Verhältnis zu seinen eigenen Rechten und der Herkunft des Eigentums.

Bei Belastung des Eigentums muss auch diese Schwelle für Eigentümer und Nießbraucher bewertet werden.

Diese Schwelle wird nur im Verhältnis zum Preis des Grundstückes bzw. zum Verkaufspreis bewertet.

Diese Befreiung wird automatisch angewendet. Der Notar bewertet selbst ob die Kriterien erfüllt sind.

2. Veräußerungen, die von der Besteuerung der Mehrerlöseinnahmen befreit sind, vorausgesetzt dass die Dauer des Eigentums 15 Jahre übersteigt.

Für juristische Personen oder Organisationen ist die Beauftragung eines Steuervertreters zwingend. Die Beauftragung eines Steuervertreters betrifft alle Veräußerungen von Grundstücken oder Liegenschaftsrechten, unabhängig vom Preis, Natur oder Herkunft des Eigentums oder Eigenschaft des Verkäufers.

Der Antrag des Steuerpflichtigen wird in der notariellen Praxis mit Hilfe der Vertragsentwürfe formuliert und eingereicht.

Berechnungsbeispiel für den Veräußerungsgewinn (nach Chappert, Défrenois 2006, 305, 310 (art. 38332))

Das Beispiel betrifft den gemeinsamen Verkauf eines Grundstücks durch den Nießbrauchsrechtsinhaber (usufruitier) und den Eigentümer des nackten Eigentums (nue propriété) nach Erbteilung, wobei einer der Verkäufer zuvor über Gesamteigentum (d.h. ein Teil des unbelasteten Eigentums gehörte ihm bereits seit längerer Zeit) verfügte.

1992: Kauf eines Grundstücks durch Herrn und Frau Müller zum Preis von 200.000 €.
2001: Herr Müller verstirbt und vermacht seiner Ehefrau das Nießbrauchsrecht (usufruit) an seinem Gesamteigentum, während er dem einzigen Kind (K) das nackte Eigentum (nue propriété) hinterlässt. Zum Zeitpunkt des Todes des Vaters hat die Immobilie einen Wert von 300.000 €. Frau Müller war zum Zeitpunkt des Todes ihres Ehemannes 64 Jahre alt, d.h. die Wertverteilung zwischen nacktem Eigentum und Nießbrauchsrecht ist 60:40 zugunsten des Eigentümers.
2004: Veräußerung der Gesamtimmobilie durch Frau Müller und K zum Preis von 350.000 €.

Berechnung für Frau Müller
Hälfte des Gesamteigentums
Verkaufspreis Hälfte von 350.000 € 175.000 €
Kaufpreis Hälfte von 200.000 € 100.000 €
Plus-value brute 75.000 €
Abschlag pro Jahr ab dem 5. Jahr 80 % 60.000 €
Plus-value nette 15.000 €
Hälfte des Grund-stücks als Nieß-brauch
Verkaufspreis 40 % von 175.000 € 70.000 €
Kaufpreis 40 % von 150.000 € 60.000 €
Plus-value brute 10.000 €
Abschlag für Haltezeit Entfällt, da weniger als 5 Jahre
Plus-value nette 10.000 €
Abschlag Art. 150 CGI VE 1.000 €
Steuerbelastung real 1.440 €

 

Berechnung Kind
Nacktes Eigentum an einer Hälfte
Verkaufspreis 60 % von 175.000 € 105.000 €
Kaufpreis 60 % von 150.000 € 90.000 €
Plus-value brute 15.000 €
Abschlag für Haltezeit Entfällt
Pauschalabschlag 1000 €
Veräußerungsgewinn 14.000 €

Kompliziert wird der Steuervorgang, wenn ein französisches Objekt veräußert wird, bei dem der Erwerbspreis Mehrwertsteuer einschloss. Das ist die Regel bei Erstkäufen vom Bauträger. Veräußert der Erwerber den Grundbesitz vor Ablauf von fünf Jahren weiter, ist auch dieser zweite Vorgang mehrwertsteuerpflichtig, d.h. der ausverhandelte Kaufpreis versteht sich einschließlich Mehrwertsteuer. Zwar kann der Ersterwerber in einem solchen Fall die von ihm anlässlich des Erwerbs im Kaufpreis entrichtete Mehrwertsteuer gegen die nunmehr vereinnahmte Mehrwertsteuer verrechnen, jedoch nur bis zur Höhe der vormals tatsächlich entrichteten Mehrwertsteuer. Folglich muss er die auf den Veräußerungsgewinn entfallende Mehrwertsteuer an den französischen Fiskus abführen.

Hat also Herr Meier im Jahre 2004 eine kleine Ferienwohnung in Nizza erworben und damals 119.600 € dafür bezahlt und bietet ihm dafür Herr Schmidt im Jahr 2006 den Kaufpreis von 200.000 €, so gilt Folgendes: Der Nettokaufpreis beträgt dann 167.224,08 €, d.h. in Höhe von 32.775,92 € sind im Kaufpreis von 200.000 € Mehrwertsteuer (TVA) enthalten. Mithin erzielt Herr Meier einen Mehrwertsteuerüberschuss von 13.175,92 € (32.775,92 – 19.600 €), den er aus dem Kaufpreis an den Fiskus abführen muss. Sein Nettogewinn beträgt mithin nicht 80.400 € sondern nur 67.224,08 €. Auf diesen Nettogewinn müsste er dann (sofern nicht noch andere Abzüge möglich sind) Gewinnsteuer in Höhe von 16 % entrichten, also maximal 10.755,85 € (vorbehaltlich spezieller Abzüge).

[i] CGI – Code Général des Impôts, französische Abgabenordnung